...
Ich streifte durch mein
gemach. Ich lächelte schief. Gemach. Es klang so gar nicht nach mir. Aber so
hatte Balthasar es bezeichnet.
Nein, eigentlich hatte
er „Gemächer“ gesagt.
Ich schüttelte den
Kopf. Angeblich hatten all diese Sachen mir gehört. An sich mag das ja schön
und gut sein, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern. Verärgert
warf ich mich auf den Hocker vor dem goldenen Schminktisch. Skeptisch
betrachtete ich die kostbaren Möbelstücke. Den Schmuck. Die Bilder. Es wirkte
gar nicht so düster und böse, wie ich erwartet hatte.
Aber- was hatte ich
denn genau erwartet?
Ich wusste, ich war
hier im Palast der Dunkelheit. In der Hölle, wie die Menschen es nennen würden.
Aber ich wusste nicht warum. Ich nahm Balthasar die Geschichte mit dem „wir
haben dich wieder zum Leben erweckt“- ding nicht ab. Nicht eine Sekunde glaubte
ich an dieses Märchen.
Und dennoch…mir fehlten
Erinnerungen. Ich hatte eine große Lücke in meinem Gedächtnis und das trieb
mich in den Wahnsinn.
Hat er Recht? Haben sie
es wirklich nur gut mit mir gemeint? Bin ich in Wirklichkeit eine von ihnen?
Etwas musste ja
stimmen. Woher hätte ich sonst den schwur kennen sollen, den ich vor wenigen
Augenblicken geleistet hatte?
Es klopfte. Überraschte
zog ich eine Augenbraue hoch.
»ja?«
»ich bin es, Balthasar.
Darf ich reinkommen?«
Ich lächelte. Seine
Stimme hatte so zaghaft geklungen, dass ich nicht anders konnte.
»ja, komm rein.«
Ich erhob mich, um ihm
entgegen zu treten. Doch er war schneller. Als er durch die Tür schritt, war
ich nicht auf die Gefühle gefasst, die er in mir hervorrief.
Die meisten davon
kannte ich. Begehren, ein unerklärliches verlangen. Aber diese Sehnsucht,
dieses Herzklopfen war neu. Fast so, als wäre ich in ihn verliebt. Ich schloss
die Augen, lächelte schief und schüttelte unwirsch den Kopf.
»was ist los? Geht es
dir nicht gut?«, besorgt war er so nah an mich getreten, dass ich seine Sorge
um mich spüren konnte. Als ich den blick hob, bemerkte ich, wie nah sich unsere
Gesichter waren.
Seine Augen waren
dunkel, ein Hauch Gold funkelte in ihnen. Wie kleine Pünktchen ließen sie sie
strahlen. Sein Körper strahlte eine Wärme aus, die mich anzog. Ich verspürte
plötzlich den Wunsch von ihm berührt zu werden und drängte mich unbewusst an
ihn. mit einem liebevollen lächeln schloss er mich in seine Arme.
Ich spürte, wie sein
Puls raste. Wie sein Herz wild klopfte. Wie er unwillkürlich zitterte, als ich
mit meinen Fingern vorsichtig über seine arme strich. Er stieß einen Seufzer
aus. Genüsslich. Voll Leidenschaft.
Sein blick verdunkelte
sich. Er atmete schwerer. Ich verkniff mir nur schwer ein breites Grinsen.
»du spielst mit dem
Feuer, ist dir das eigentlich klar?« seine Stimme klang rau. Ich konnte das
Grinsen nicht länger verbergen.
»ich glaub, damit kann
ich umgehen.« ich umfasste mit einer Hand seinen Nacken und zog seinen Kopf zu
mir.
Als sich unsere Lippen
berührten, übernahm etwas animalisches mein denken. Insgeheim schreckte ich vor
dieser ungezügelten, unkontrollierten Seite meines Wesens zurück, andererseits
wollte ich sie nicht aufhalten. Ich wollte ihr nachgeben.
Ich drängte mich enger
an ihn. nicht gewillt, ihn auch nur für einen Augenblick loszulassen, zog ich
ihn mit mir, als ich rückwärts zum Bett ging.
Wenn
man das Bett nennen kann!
»was tust du da?«
»sht! Sei einfach
still, ja?«, ich verschloss seinen Mund mit meinem. Ich konnte spüren, wie sein
widerstand schwand. Triumphierend glitten meine Hände über seine erstaunlich
muskulöse Brust und genoss es, dass meine Berührung bei ihm eine Gänsehaut
hervorrief. Er zitterte vor Erregung. Mit einem wissenden lächeln ließ ich mich
nach hinten auf die weiche Matratze fallen und zog ihn mit mir. Sein Atem
strich heiß meinen Hals entlang. Mein Puls beschleunigte sich. Fasziniert
beobachtete ich wie er fahrig, angestrengt die Beherrschung zu bewahren, mit
den Händen durch sein Haar fuhr. In seinen Augen glomm es rot auf, als er Magie
benutzen wollte. doch seine Konzentration reichte bei weitem nicht aus, um auch
nur eine Kerze anzuzünden. Überrascht bemerkte ich, dass auch ich nah dran war
die Beherrschung zu verlieren. Als ich sein Hemd aufknöpfte, zitterten meine
Hand so stark, dass ich mit einem genervten fauchen einen Dolch aus seinem
Gürtel zog und es einfach aufschnitt. Bewundernd betrachtete ich das Spiel
seiner Muskeln und strich sanft mit den Fingerspitzen über seine Brust. Einem
Impuls folgenden riss ich mit meinem Fingernagel einen tiefen Kratzer in seine
Haut. Mit der Zunge leckte ich über die wunde. Meine Sinne explodierten, als
ich sein Blut schmeckte. Ohne zu wissen was geschah, saß ich plötzlich
rittlings auf ihm und zückte wieder seinen Dolch. Dieses Mal zog ich mit voller
Absicht einen tiefen schnitt über seine Brust und beobachtete wie Blut
herausquoll. Genüsslich beugte ich mich zu ihm, meine Zunge glitt langsam über
die Wunde und nahm das Blut auf. Ich richtete mich wieder auf und hielt seinen
Blick fest, als ich den Dolch über meine Haut gleiten ließ. Ein tiefer Schnitt
zog sich über meine Halsbeuge und ich lächelte ihn auffordernd an.
Für einen kurzen Moment
starrte er mich einfach nur an.
Dann siegte sein
Verlangen- und der Dämon in ihm. Ich keuchte, als seine Lippen auf meiner Haut
wanderten und eine brennende Spur hinterließen. Ich warf den Kopf in den
Nacken. Ein wohliges seufzen entfuhr mir, als er die wunde mit einem Kuss
verschloss. Er bedeckte meine Haut mit federleichten küssen, als sein Mund an
meinem Hals hinab wanderte. Seine Hände lagen warm und fest auf meiner Hüfte.
Ich verlor mich in der Intensität meiner Gefühle, wurde von verlangen und
Leidenschaft übermannt.
Er ergriff den Dolch,
den ich achtlos fallen gelassen hatte und schnitt mir ruckartig die Korsage
auf. Mit glühenden Augen hielt er meinen Blick fest, als er unter den Bund
meiner Jeans fuhr. Mit mühe schaffte ich es mich weit genug zu konzentrieren,
um mithilfe von Magie störende Kleidungsstücke verschwinden zu lassen.
Plötzlich lag ich unter
ihm. Er hielt meine arme neben meinem Kopf fest und drückte mich in die Kissen.
Mit einem gefährlichen grinsen entblößte er seine blitzenden zähne, beugte sich
zu mir und biss mir in den Hals. Ich wand mich. In mir brannte ein begehren,
ein verlangen, dass mich zu verzehren drohte.
Einer Eingebung folgend
beschwor ich eine schmerzhafte kälte auf meine Haut.
Er keuchte. Sein Atem
ging stoßweise.
»bist du dir sicher?«,
knurrte er schon fast, seine Lippen heiß an meinem Hals.
Ich schluckte. Nickte.
unfähig zu antworten.
Mein Blut rauschte wild
durch meine adern. Mein Herz raste so schnell, dass ich glaubte es würde gleich
zerspringen.
Als ich mich ihm
hingab, meiner leidenschaft nachgab, verlor alles an bedeutung. ich schlang
meine Beine um seine Hüfte und zog in enger zu mir.
Sein Blut vermischte
sich mit meinem, als wir miteinander verschmolzen. Das brennen seines Feuers
auf meiner Haut trieb mich weiter in den Strudel der Ekstase.
Bevor ich mich darin
verlor, fuhr ich fest mit meinen Fingernägeln über seinen Rücken, zog ihn mit
mir. Trieb ihn an den Rand des Wahnsinns, bereit mit ihm in den Abgrund der
Leidenschaft zu springen.
Mein Körper wand sich
vor verlangen, bog meinen Rücken durch und hob meine Hüften drängend ihm
entgegen- ich wollte, dass er ganz mir gehörte. Mir allein!
Sein kehliges stöhnen
erklang in meinem Ohr. Ich öffnete den Mund…
ein schrei drang durch
die Nacht. Tief, heiser, qualvoll.
»Raphaios! Was ist
passiert? Was ist los?« Angelios eilte an seine Seite. Raphaios kniete auf
allen vieren am Boden, keuchte und stöhnte. Begehren, verlangen, Leidenschaft-
ein wilder Strudel der Gefühle hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Für einen
kurzen Moment war er verwirrt gewesen, bis er begriff, dass er IHRE Gefühle
empfand.
Ein stechender Schmerz
breitete sich in seiner Brust aus. Wie
kann sie mir nur so etwas antun?
»Raphaios? sprich mit
uns!« Anarias sanfte Stimme klang besorgt. Er schloss die Augen, Verzweiflung
und Eifersucht benebelten sein denken. Er kämpfte die Wut, den Zorn nieder, der
ihn zu überwältigen drohte. Mit mühe und Not gelang es ihm sich aufzurichten.
»ich habe…Gefühle
empfangen…dachte, es sei ein Traum…aber es sind ihre…eindeutig.«, schwer atmend
fiel ihm das reden schwer. Es waren nicht seine Gefühle, die ihn aus der bahn
warfen, dennoch kam es ihm so vor, als würde er sie am eigenen Leib erfahren.
Als wäre er an ihrer Stelle.
Ein
erschreckender Gedanke.
»was…war es? Wenn es
dich aus deinem Schlaf gerissen hat, muss es ziemlich heftig gewesen sein.«
Manchmal
bist du ein riesen Rindvieh, Ang!
»unwichtig. Lasst uns
noch ein wenig ruhen. Uns steht ein langer Weg bevor, wenn wir sie zurück holen
wollen.«
Doch
will ich sie zurück? Sie hat gesagt, sie liebt mich. Dennoch liegt sie bei
einem anderen.
Angewidert sah er sich
um. Die Welt der Menschen war ihm fremd. Alle wirkten hektisch, abgekämpft.
Keiner würdigte dem mächtigen Tor, unter dem er stand, auch nur einen blick.
Wie
können sie sich dieser Magie verschließen? Hier ist das einzige, nicht
verschlossene Tor zur weltengrenze!
Er schüttelte den Kopf
und verzog angeekelt das Gesicht, als er eine Duftwolke wahrnahm, die von
seinen Haaren ausging.
Gut,
bevor ich mich auf die Suche nach dem Träger mache, gibt es dringlicheres.
Dieser Körper braucht dringend ein Bad!
Er wühlte in den
Taschen der abgenutzten Lederjacke. Kein Portemonnaie. Erwartungsgemäß.
Also
rieche ich nicht nur wie ein heimatloser, ich bin auch noch einer. Ich brauche
einen neuen Wirtskörper! Oder aber…
Ihm kam eine Idee. Die
Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben, stiefelte er vom schwarzen
Tor weg. Er überquerte die hochbrücke, als ihm das hotel-schild ins Auge stach.
Mit einem breiten
Grinsen machte er kehrt und ging darauf zu.
Warum
nicht? immerhin bin ich ein Magier.
Pfeifend schritt er auf
den Hoteleingang zu und betrat das Foyer.
Wenn
ich schon in dieser magielosen Welt wandeln muss, kann ich es wenigstens bequem
machen!
Er trat an die
Rezeption, den blick fest auf das Gesicht der Empfangsdame geheftet.
Abschätzig betrachtete
sie sein Erscheinungsbild.
Er konzentrierte seine
Macht und registrierte spöttisch wie ihr blick glasig wurde und sie ihn
dümmlich anlächelte, willig ihm jeden Wunsch zu erfüllen.
»Mein Name ist Leo
Lumbre und ich würde gern eines Ihrer Zimmer mieten.«
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