Samstag, 12. Oktober 2013

Café Diary Tag 83

Als Ben Leo dazu drängte, ihm zu versprechen, nichts Dummes zu unternehmen, hätte er sich selbst am Liebsten in den Arsch getreten. Er hatte seine Exfreundin noch nie zusammenbrechen sehen und das Emotionalste, was er Seiten Leos jemals erlebt hatte, war ein Anfall eiskalter Wut in einer Diskussion über Mercedes Benz und BMW. Doch ihr emotionaler Zusammenbruch hatte ihn tiefer getroffen, als er erwartet hatte. Es schien, als wäre ein Damm gebrochen. Als wäre ihre Eismauer rissig geworden. Als würde sie menschlich werden.
Sie war nach ihrem Ausbruch verschwunden und hatte es ihm überlassen, Jen alles zu berichten. Und diese war darüber nicht sonderlich begeistert. Er wusste, dass Jen seinen Kopf mit Freude abgerissen und wie in »Game of Thrones« irgendwo aufgespießt hätte. Aber er wusste auch, dass sie sich zuliebe der anderen benahm und eine Art Waffenstillstand zwischen ihnen herrschte.

Luisa und die Anderwelt - Kapitel 2

Luisa schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, wo sie war. Oder wie sie hierher gekommen war - sie erinnerte sich lediglich an einen Strudel von Farben und Formen, nachdem sie den Feenstaub von ihrer Hand gepustet hatte. Sie wusste nur, dass die Welt, in der sie sich auf einmal befand, viel bunter und leuchtender war. Und fremder. Viel, viel fremder.
»Alles in Ordnung mit dir, Lotti?«, fragte sie in diesem Moment Elenell.
»Wie hast du mich genannt?« Luisa starrte die Elfe an.
»Lotti. So nennt dich doch deine Mama immer, nicht wahr?«
Luisa nickte. Elenell schien sie als doch nicht verwechselt zu haben. Sie kämpfte gegen ihre Angst und Aufregung an, rappelte sich auf und sah sich um. »Das ist dein Zuhause?«
»Nein. Wir befinden uns im Gebiet des Orakels der Einigkeit. Hier darf niemand angegriffen werden und es darf sich hier jeder aufhalten. Es ist zu gefährlich, ins Land der Feen zu reisen. Aber du wirst das ändern! Deshalb habe ich dir auch das Symbol des Orakels aufgemalt. Nur so konnten wir hierher reisen. Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss. Ich verspreche dir, dass ich dir das Reich der Feen zeigen werde, wenn alles vorbei ist!«
Luisa nickte langsam. Sie wollte etwas sagen, Elenell fragen, wie es nun weiter gehen sollte, als ein glockenhelles Lachen erklang. Elenell zückte ihren Zauberstab und flog schützend um sie herum.
»Wer ist da?«, rief die kleine Fee.
»Ich dachte, du darfst niemanden angreifen?«, murmelte Luisa.
»Um dich zu schützen, breche ich auch die Gesetze!«
»Das wird nicht nötig sein, Elenell.« Mehrere Stimmen schienen gleichzeitig zu sprechen. Drei leuchtende Kugeln erschienen in der Luft, schwebten vor ihnen. Elenell ließ den Zauberstab sinken und lächelte Luisa an.
»Das sind die drei Feen der schlafenden Prinzessin Aurora.«
»Flora, Fauna und Sonnenschein?« Die Frage war heraus, bevor sie richtig drüber nachdenken konnte.
Wieder erklang ein helles Lachen. Doch dieses Mal klang es etwas verärgert.
»Nein. Das sind die Namen, die die Menschen uns gaben. Aber in Wirklichkeit heißen wir Anthea, Adina und Anfrida.« Und mit einem funkelnden Regen aus Blüten erschienen drei Feen.
»Feen können ihre Größe anpassen. Je älter und mächtiger sie sind, desto länger können sie diesen Zustand bewahren. Abgesehen von den irdischen Feen. Die sind immer groß«, erklärte die Fee, deren Flügel in einem warmen Gelb glitzerten, als sie den erstaunten Blick Luisas zu bemerken schien. Luisa betrachtete sie genauer. Helles, blondes Haar, goldene Augen und ganz in gelb gekleidet konnte sie nur die Fee sein, die sie als Sonnenschein kannte.
»Nein. Nicht Sonnenschein. Anfrida.« Die Fee lächelte. Es schien, als hätte sie ihren Gedanken gelesen.
Luisa lächelte zaghaft zurück.
»Elenell«, sprach die rosa gekleidete Fee mit den pinken Flügeln und den dunkelroten Haaren. »Du darfst nicht zögern! Ihr werdet bereits erwartet. Das Orakel hat euch eine Nachricht mitgegeben - sie befindet sich bei den anderen beiden. Beeilt euch! Unsere Welt hängt von euch ab!«
»Anthea, du übertreibst immer so fürchterlich!«, tadelte die blaue Fee und trat zu Luisa. Ihre hellblauen Augen ruhten auf ihr, während sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. »Du hast das Herz einer Fee, den Geist deiner Mutter und die Stärke einer Irdenen. Pass gut auf dich auf, kleine Prinzessin!«
»Adina! Was machst du da? Du darfst ihr nichts verraten!« Die Fee, die Anthea genannt wurde, schien erzürnt und klang wütend.
»Nun, es wird sicher nicht schaden, wenn sie wenigstens etwas weiß!«
Elenell kicherte und flüsterte Luisa zu: »Die Drei sind sich nie einig und streiten immer wieder. Aber sie sind die mächtigsten Feen, die ich kenne!«
»Vielen Dank, Elenell. Doch wir müssen nun zurück, bevor unser Verschwinden auffällt. Du weißt, was du zu tun hast, nicht wahr?« Anfrida wirkte ernst. Doch als sie sich Luisa zuwandte, lächelte sie. »Wir werden uns wiedersehen, kleine Prinzessin!«
Und so wie die drei Feen erschienen waren, verschwanden sie wieder.
»Also gut. Sie haben Recht. Wir müssen uns beeilen. Komm! Ich bringe dich zu den anderen.« Elenell flog etwas in eine Richtung, bevor sie sich zu Luisa umdrehte.
»Zu den anderen? Welchen anderenß«
»Den anderen beiden Feen, die uns begleiten.«

Dienstag, 8. Oktober 2013

Luisa und die Anderwelt

»Luisa!« Denise, die Hände in die Hüften gestemmt, rief ungeduldig nach ihrer Tochter. Es war ihr erster Schultag - und Luisa trödelte. »Luisa! Beeil dich! Du willst doch nicht an deinem ersten Tag zu spät kommen!«
Denise runzelte verärgert die Stirn. Sie stand mitten auf dem Parkplatz und wartete auf ihre Tochter. Neben ihr stand die dunkelhaarige, stets spöttisch wirkende Nachbarin aus der Erdgeschosswohnung. Im Gegensatz zu der dunklen Erscheinung Theodoras wirkte Denise wie eine helle Flamme: goldblondes Haar, warme, hellblaue Augen und eine Haut wie Porzellan.
»Lass sie doch. Sie hat Zeit. Die Schule läuft nicht davon - und langweilen kann sie sich auch daheim.«
Denise schnaubte. »Du bist mal wieder unglaublich hilfreich, Theo!«

Luisa hüpfte um die Ecke. Ihr erster Schultag! Sie war aufgeregt, so aufgeregt. Was mich wohl erwartet? Sie hatte Theodora aus der Nachbarwohnung von ihrer Schulzeit erzählen hören und freute sich schon unglaublich darauf. Schreiben und lesen lernen! Theo hatte ihr versprochen, wenn sie lesen könne, dürfe sie in ihren Büchern stöbern. In den Büchern, die richtig, richtig alt aussahen. So faszinierend. Ihre Mama wusste davon nichts.
»Luisa! Beeil dich!« Ihre Mama stand vor ihr, die Hände in die Hüften gestemmt. Theo zwinkerte ihr zu und Luisa kicherte.
»Heute ist dein erster Schultag! Wenn du nicht aufpasst, dann kommst du noch zu spät!«
»Lass sie doch, Denise.« Theo legte ihrer Mama die Hand auf den Arm. Luisa lächelte erleichtert. Theo schien sie immer zu beschützen. Als diese vor ihr in die Knie ging, wusste Luisa nicht, was passierte. »Hier, Süße!« Theo knotete ein buntes Band um ihr Handgelenk. »Wünsch dir was! Und wenn das Band abfällt, geht dein Wunsch in Erfüllung. Aber wenn du es abmachst, bevor es sich von selbst lösen kann, so wird dein Wunsch sich umkehren und dreimal so schlimm ausfallen.«
Luisa nickte. Sie kannte das schon. Theo hatte ihr schon einmal ein Freundschaftsband geschenkt. Nur machte ihr der eindringliche Blick Theos Angst.
»Hast du verstanden? Du darfst es nicht selbst abnehmen!«
Luisa nickte erneut.
»Hier. Diese Drei sind für Freunde, die du sicher sofort finden wirst. Und wenn du nach Hause kommst, zeig ich dir, wie man solche Bänder macht.« Theo drückte Luisa drei weitere Bänder in die Hand. Luisa schloss die Finger fest darum, bevor sie den wütenden Blick ihrer Mutter auffing.
»Sie kommt zu spät, wenn du sie weiterhin aufhältst!«
Theo erhob sich, wuschelte Luisa noch einmal durch die Haare und trat dann zur Seite.
»Felix ist schon da! Wir wollten zu viert los!«
Luisa verzog das Gesicht, als sie den verärgerten Ton in der Stimme ihrer Mutter hörte. Sie griff mit ihrer freien Hand die ihrer Mutter und ging mit ihr davon. Zur Schule. Zum allerersten Mal.