Dienstag, 19. November 2013

Die Zukunft des diarys

Auch wenn der abschlussband der ersten Staffel noch nicht vollendet ist und das Lektorat noch nicht durchlaufen hat, laufen die Vorbereitungen für die zweiten Staffel auf Hochtouren. Die storyline der zweiten Staffel und der ersten Staffel von Club 13 sind eng miteinander verknüpft. Wir werden also zwei Welten kennen lernen: das studentenleben an der Uni und die wundersame Welt der eventgastronomie. 

Samstag, 12. Oktober 2013

Café Diary Tag 83

Als Ben Leo dazu drängte, ihm zu versprechen, nichts Dummes zu unternehmen, hätte er sich selbst am Liebsten in den Arsch getreten. Er hatte seine Exfreundin noch nie zusammenbrechen sehen und das Emotionalste, was er Seiten Leos jemals erlebt hatte, war ein Anfall eiskalter Wut in einer Diskussion über Mercedes Benz und BMW. Doch ihr emotionaler Zusammenbruch hatte ihn tiefer getroffen, als er erwartet hatte. Es schien, als wäre ein Damm gebrochen. Als wäre ihre Eismauer rissig geworden. Als würde sie menschlich werden.
Sie war nach ihrem Ausbruch verschwunden und hatte es ihm überlassen, Jen alles zu berichten. Und diese war darüber nicht sonderlich begeistert. Er wusste, dass Jen seinen Kopf mit Freude abgerissen und wie in »Game of Thrones« irgendwo aufgespießt hätte. Aber er wusste auch, dass sie sich zuliebe der anderen benahm und eine Art Waffenstillstand zwischen ihnen herrschte.

Luisa und die Anderwelt - Kapitel 2

Luisa schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, wo sie war. Oder wie sie hierher gekommen war - sie erinnerte sich lediglich an einen Strudel von Farben und Formen, nachdem sie den Feenstaub von ihrer Hand gepustet hatte. Sie wusste nur, dass die Welt, in der sie sich auf einmal befand, viel bunter und leuchtender war. Und fremder. Viel, viel fremder.
»Alles in Ordnung mit dir, Lotti?«, fragte sie in diesem Moment Elenell.
»Wie hast du mich genannt?« Luisa starrte die Elfe an.
»Lotti. So nennt dich doch deine Mama immer, nicht wahr?«
Luisa nickte. Elenell schien sie als doch nicht verwechselt zu haben. Sie kämpfte gegen ihre Angst und Aufregung an, rappelte sich auf und sah sich um. »Das ist dein Zuhause?«
»Nein. Wir befinden uns im Gebiet des Orakels der Einigkeit. Hier darf niemand angegriffen werden und es darf sich hier jeder aufhalten. Es ist zu gefährlich, ins Land der Feen zu reisen. Aber du wirst das ändern! Deshalb habe ich dir auch das Symbol des Orakels aufgemalt. Nur so konnten wir hierher reisen. Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss. Ich verspreche dir, dass ich dir das Reich der Feen zeigen werde, wenn alles vorbei ist!«
Luisa nickte langsam. Sie wollte etwas sagen, Elenell fragen, wie es nun weiter gehen sollte, als ein glockenhelles Lachen erklang. Elenell zückte ihren Zauberstab und flog schützend um sie herum.
»Wer ist da?«, rief die kleine Fee.
»Ich dachte, du darfst niemanden angreifen?«, murmelte Luisa.
»Um dich zu schützen, breche ich auch die Gesetze!«
»Das wird nicht nötig sein, Elenell.« Mehrere Stimmen schienen gleichzeitig zu sprechen. Drei leuchtende Kugeln erschienen in der Luft, schwebten vor ihnen. Elenell ließ den Zauberstab sinken und lächelte Luisa an.
»Das sind die drei Feen der schlafenden Prinzessin Aurora.«
»Flora, Fauna und Sonnenschein?« Die Frage war heraus, bevor sie richtig drüber nachdenken konnte.
Wieder erklang ein helles Lachen. Doch dieses Mal klang es etwas verärgert.
»Nein. Das sind die Namen, die die Menschen uns gaben. Aber in Wirklichkeit heißen wir Anthea, Adina und Anfrida.« Und mit einem funkelnden Regen aus Blüten erschienen drei Feen.
»Feen können ihre Größe anpassen. Je älter und mächtiger sie sind, desto länger können sie diesen Zustand bewahren. Abgesehen von den irdischen Feen. Die sind immer groß«, erklärte die Fee, deren Flügel in einem warmen Gelb glitzerten, als sie den erstaunten Blick Luisas zu bemerken schien. Luisa betrachtete sie genauer. Helles, blondes Haar, goldene Augen und ganz in gelb gekleidet konnte sie nur die Fee sein, die sie als Sonnenschein kannte.
»Nein. Nicht Sonnenschein. Anfrida.« Die Fee lächelte. Es schien, als hätte sie ihren Gedanken gelesen.
Luisa lächelte zaghaft zurück.
»Elenell«, sprach die rosa gekleidete Fee mit den pinken Flügeln und den dunkelroten Haaren. »Du darfst nicht zögern! Ihr werdet bereits erwartet. Das Orakel hat euch eine Nachricht mitgegeben - sie befindet sich bei den anderen beiden. Beeilt euch! Unsere Welt hängt von euch ab!«
»Anthea, du übertreibst immer so fürchterlich!«, tadelte die blaue Fee und trat zu Luisa. Ihre hellblauen Augen ruhten auf ihr, während sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. »Du hast das Herz einer Fee, den Geist deiner Mutter und die Stärke einer Irdenen. Pass gut auf dich auf, kleine Prinzessin!«
»Adina! Was machst du da? Du darfst ihr nichts verraten!« Die Fee, die Anthea genannt wurde, schien erzürnt und klang wütend.
»Nun, es wird sicher nicht schaden, wenn sie wenigstens etwas weiß!«
Elenell kicherte und flüsterte Luisa zu: »Die Drei sind sich nie einig und streiten immer wieder. Aber sie sind die mächtigsten Feen, die ich kenne!«
»Vielen Dank, Elenell. Doch wir müssen nun zurück, bevor unser Verschwinden auffällt. Du weißt, was du zu tun hast, nicht wahr?« Anfrida wirkte ernst. Doch als sie sich Luisa zuwandte, lächelte sie. »Wir werden uns wiedersehen, kleine Prinzessin!«
Und so wie die drei Feen erschienen waren, verschwanden sie wieder.
»Also gut. Sie haben Recht. Wir müssen uns beeilen. Komm! Ich bringe dich zu den anderen.« Elenell flog etwas in eine Richtung, bevor sie sich zu Luisa umdrehte.
»Zu den anderen? Welchen anderenß«
»Den anderen beiden Feen, die uns begleiten.«

Dienstag, 8. Oktober 2013

Luisa und die Anderwelt

»Luisa!« Denise, die Hände in die Hüften gestemmt, rief ungeduldig nach ihrer Tochter. Es war ihr erster Schultag - und Luisa trödelte. »Luisa! Beeil dich! Du willst doch nicht an deinem ersten Tag zu spät kommen!«
Denise runzelte verärgert die Stirn. Sie stand mitten auf dem Parkplatz und wartete auf ihre Tochter. Neben ihr stand die dunkelhaarige, stets spöttisch wirkende Nachbarin aus der Erdgeschosswohnung. Im Gegensatz zu der dunklen Erscheinung Theodoras wirkte Denise wie eine helle Flamme: goldblondes Haar, warme, hellblaue Augen und eine Haut wie Porzellan.
»Lass sie doch. Sie hat Zeit. Die Schule läuft nicht davon - und langweilen kann sie sich auch daheim.«
Denise schnaubte. »Du bist mal wieder unglaublich hilfreich, Theo!«

Luisa hüpfte um die Ecke. Ihr erster Schultag! Sie war aufgeregt, so aufgeregt. Was mich wohl erwartet? Sie hatte Theodora aus der Nachbarwohnung von ihrer Schulzeit erzählen hören und freute sich schon unglaublich darauf. Schreiben und lesen lernen! Theo hatte ihr versprochen, wenn sie lesen könne, dürfe sie in ihren Büchern stöbern. In den Büchern, die richtig, richtig alt aussahen. So faszinierend. Ihre Mama wusste davon nichts.
»Luisa! Beeil dich!« Ihre Mama stand vor ihr, die Hände in die Hüften gestemmt. Theo zwinkerte ihr zu und Luisa kicherte.
»Heute ist dein erster Schultag! Wenn du nicht aufpasst, dann kommst du noch zu spät!«
»Lass sie doch, Denise.« Theo legte ihrer Mama die Hand auf den Arm. Luisa lächelte erleichtert. Theo schien sie immer zu beschützen. Als diese vor ihr in die Knie ging, wusste Luisa nicht, was passierte. »Hier, Süße!« Theo knotete ein buntes Band um ihr Handgelenk. »Wünsch dir was! Und wenn das Band abfällt, geht dein Wunsch in Erfüllung. Aber wenn du es abmachst, bevor es sich von selbst lösen kann, so wird dein Wunsch sich umkehren und dreimal so schlimm ausfallen.«
Luisa nickte. Sie kannte das schon. Theo hatte ihr schon einmal ein Freundschaftsband geschenkt. Nur machte ihr der eindringliche Blick Theos Angst.
»Hast du verstanden? Du darfst es nicht selbst abnehmen!«
Luisa nickte erneut.
»Hier. Diese Drei sind für Freunde, die du sicher sofort finden wirst. Und wenn du nach Hause kommst, zeig ich dir, wie man solche Bänder macht.« Theo drückte Luisa drei weitere Bänder in die Hand. Luisa schloss die Finger fest darum, bevor sie den wütenden Blick ihrer Mutter auffing.
»Sie kommt zu spät, wenn du sie weiterhin aufhältst!«
Theo erhob sich, wuschelte Luisa noch einmal durch die Haare und trat dann zur Seite.
»Felix ist schon da! Wir wollten zu viert los!«
Luisa verzog das Gesicht, als sie den verärgerten Ton in der Stimme ihrer Mutter hörte. Sie griff mit ihrer freien Hand die ihrer Mutter und ging mit ihr davon. Zur Schule. Zum allerersten Mal.

Montag, 9. September 2013

Youtube

Ich bin im Youtube-Fieber. Eigener Kanal steht, die ersten Videos sind hochgeladen und nur dort werdet ihr die Kapitel meines neuen Werkes finden. Das Werk ist im Entstehen, sehr emotional, leicht biographisch und wird von mir auch dementsprechend kommentiert und mit Gesichtsentgleisungen aufgelockert.

Ich hoffe, euch gefällt es =)

Hier geht es zum Youtube-Kanal.

Freitag, 23. August 2013

Verloren - Kapitel 1 (überarbeitet, ausgearbeitet, emotionaler, detailierter und länger ;) )

1
»Konzentriert euch! Euer Element, Eure Magie, der Ursprung Eurer Macht ist der Mittelpunkt, auf den Ihr Euch fokussieren sollt. Stellt ihn Euch als Kugel vor. Als Energieball. Nun stellt euch vor, wie Ihr Eure Hände nach dieser Energie ausstreckt, sie ergreift und Euch zu eigen macht.« Leoth, ein großer, löwenartiger Mann mit glühenden Augen, in denen unaufhörlich sein Element loderte, schritt zwischen seinen Lehrlingen hindurch. Der strenge Gesichtsausdruck und die züngelnden Flammen seiner Magie um seinen Kopf verstärkten die Aura der Macht, die ihn umgab. Seine Stimme, kräftig und mit hypnotisierender Wirkung, machte ihn als Lehrmeister besonders, da sich keiner seiner Schüler der Anziehungskraft entziehen konnte. Es schien, als hätten sie gar keine andere Wahl, als seinen Anweisungen zu folgen. Abgesehen davon wurde er es niemals müde, immer und immer wieder auf die Gefahren hinzuweisen, die Ungehorsam mit sich brachte, und die verheerenden Folgen aufzuzählen, so dass sie nie in Vergessenheit gerieten. Wenn die Macht eines Magiers außer Kontrolle geriet, so verzehrte eben jene Kraft alles Leben im Körper des Zauberers und ließ eine vertrocknete, sterbende Hülle zurück. Daher legte Leoth besonderen Wert auf die Disziplin und Kontrolle der Magie, um seinen jungen Schülern solch ein Schicksal zu ersparen.
Leoths Blick wanderte über die Gesichter seiner Schüler, die alle vor Konzentration verzerrt waren. Alle - bis auf eines. Stirnrunzelnd blieb er bei dieser einen Schülerin stehen. Ihre Aura flackerte unstetig und er konnte ihre Unsicherheit, aber auch ihre kindliche Freude spüren, während sie ihr Element beobachtete, das spielend um sie herumtobte. Sie schien ihrem Element den freien Willen zu gewähren. Er sah, wie ihre Augen in einem satten, strahlenden Grün leuchteten, während sich ihre Magie in Form von Blüten und Blättern manifestierte. Auch ihr Element leuchtete strahlend Grün und hob sich deutlich von dem dunkelroten Haar der Erdmagierin ab, mit dem spielte. Es schien, als wollte es sie schmücken und ihr gefallen.
Leoth seufzte resigniert. Diese Erdmagier treiben mich noch in den Wahnsinn! Es ist doch immer das Gleiche mit ihnen! Kein Gespür für Gefahr! Keinen Funken Disziplin im Leib!
»Anaria, meine Aufgabe ist es, Euch auf das Amt des Wächters vorzubereiten! Euch wenigstens ein bisschen Disziplin und Kontrolle beizubringen! Wie soll ich das bewerkstelligen, wenn Ihr nicht einmal die Grundzüge der Magie meistert? Wie wollt Ihr Euren Aufgaben gerecht werden, wenn Ihr nicht einmal Euer Element unter Kontrolle halten könnt?«, fuhr er sie gereizt an.
Die junge Erdmagierin erbleichte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und in den goldgrünen Tiefen, die an glitzernde Smaragde erinnern, zeichnete sich Schock ab. Sie unterdrückte ein Schluchzen, als sie den missbilligenden Blick Leoths auffing und seine harschen Worte auf sie wirkten.
»Verzeiht, Meister ... aber ... ich ... die Erde ... mein Element möchte frei sein! Es fühlt sich wohler, wenn ich ihm den freien Willen gewähre und ihm nicht meinen aufzwinge. Ich bin glücklicher, wenn es frei ist und es ist viel glücklicher! Es mag nicht kontrolliert werden!« Sie blickte zu Leoth auf. Er konnte Hoffnung in ihren Augen schimmern sehen. Hoffnung auf Verständnis.
»ES GEHT NICHT DARUM, WAS DEIN ELEMENT BEGEHRT, SONDERN WAS DU VON IHM VERLANGST!«
Das laute Schluchzen Anarias, das auf Leoths zornigen Ausruf folgte, entfachte seinen Zorn erst recht. Er öffnete den Mund, um zu einer seiner berühmt-berüchtigten Predigten über Stärke, Disziplin und Unnachgiebigkeit anzusetzen, als glimmende Funken und winzige Eiskristalle durch die Luft stoben. Glitzernd schwebten sie durch die Luft, bestaunt und bewundert von den anderen Schülern.
Leoth wirbelte aufgebracht herum. Ein wildes Knurren drang aus seiner Kehle, verstärkte den löwenartigen Eindruck seiner Erscheinung, während er die Unruhestifter suchte..
Wut kochte in ihm auf, als er sich zwei seiner Schüler näherten, die sich mit ihren Elementen bekämpften.
»Amandria! Raphaios!«, bellte er. Anarias Tränen waren schlagartig versiegt. Ihre Augen glänzten vor Bewunderung, wie Leoth verärgert feststellte. Die bewundernden Blicke, die den beiden zugeworfen wurden, verstärkten seinen Zorn. Es mag durchaus stimmen, dass Amandria und Raphaios die vollständige Kontrolle über ihre Elemente haben, dennoch sollten sie sich in Disziplin üben! Diese leichtsinnigen Kämpfe setzen den anderen nur Flausen in den Kopf! Allerdings konnte Leoth nicht anders, als seine beiden Schüler für ihr Talent zu bewundern.
Als Leoth die beiden erreichte, warf Raphaios mit einer geschmeidigen Bewegung Feuerbälle in Amandrias Richtung und beschwor gleichzeitig einen Feuerkreis. Leoth hob eine Augenbraue. Mit verschränkten Armen wollte er Amandrias Reaktion abwarten, bevor er dem Spektakel ein Ende setzte.
Ein feines Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er den Spott in Amandrias Augen aufblitzen sah. Der türkisfarbene Ring um ihre Pupille leuchtete hell auf, als sie in einer Wasserlache verschwand. Leoth runzelte die Stirn. Er ahnte, was seine Schülerin plante, doch sicher war er sich da nicht. Raphaios schien verunsichert, wie Leoth amüsiert feststellte. Der misstrauische Blick des jungen Feuermagiers huschte wild umher. Plötzlich wurde Raphaios von einer Fontäne umschlossen und Amandria erschien lachend. Leoth blinzelte überrascht, als sich die Fontäne senkte, aufbrach. Mit einem nachlässig wirkenden Fingerschnipsen Amandrias schlug das Wasser hohe Wellen und über Raphaios‘ Kopf zusammen. Leoth konnte sie leise kichern hören, als Raphaios in einen Eisblock eingeschlossen wurde.
Amandria lachte, strich sich das blau schimmernde Haar aus dem Gesicht und sah sich offensichtlich beifallheischend um. Leoth ließ sie noch einen Augenblick gewähren, in dem sie an den Eisblock trat und grinsend winkte. Raphaios‘ Gesicht war vor Konzentration verzerrt, in seinen Augen loderte Feuer. Immer noch lachend wandte sich Amandria ab.
Leoth beschloss zu handeln. Sie hatte ihren Triumph genug genossen.
 Ihr Lachen erstarb urplötzlich und sie schrie stattdessen vor Schmerzen gellend auf. Blitze zuckten über ihre Haut und zwangen sie in die Knie.
»Amandria, Ihr scheint vergessen zu haben, wo wir uns befinden. Ihr seid nach wie vor in meinem Unterricht! Es ist zwar überaus gütig von Euch, uns zu demonstrieren, wie man am Besten Feuer mit Wasser bekämpft, dennoch solltet Ihr niemals vergessen, dass nicht alle hier Eure Macht und Euer Talent besitzen. Euer kleines Spielchen war leichtsinnig und dumm! Ihr habt jeden hier in Gefahr gebracht! Leoth stand nun genau vor seiner Schülerin, die sich vor Schmerzen wand. Ihr glühender Blick war auf das schlichte Holz in seinen Händen gerichtet. Leoth wurde bewusst, dass er nur mit diesem Artefakt, das so unscheinbar aussah, in der Lage war, die Wächter aufzuhalten, wenn sie über die Stränge schlugen. Der Stab der Elemente, der seinem Träger die Kontrolle über Wasser, Feuer, Erde und Luft gewährte, war seit jeher im Besitz der Lehrmeister, um den Lehrlingen aller vier Reiche Grenzen zu setzen. Doch nicht jeder hatte es mit so starken wie unbändigen Wächtern zu tun gehabt. Jede Generation der herrschenden Familien der Reiche war stärker, mächtiger als die vorherige. Leoth war sich zudem sicher, dass die Macht des Stabes nicht mehr lange ausreichen würde, um ihn vor den Wächtern zu schützen. Amandria und Raphaios waren schon lange in der Lage, sich ihm zu widersetzen, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst waren. Selbst Anaria wäre dazu in der Lage, würde sie ihr Potential ausschöpfen.
Leoth musterte Amandria, die sich noch immer vor Schmerzen wand. Die Blitze, die noch immer über die Haut der jungen Wächterin zuckten, würden sie nicht mehr lange im Zaum halten. Er musste handeln, bevor er zum Spielball ihrer Launen werden würde. Mit strafender Miene ließ er die Blitze verschwinden. Missbilligend und mit einer deutlichen Warnung erklärte er:
»Amandria, Ihr scheint überzeugt zu sein, meine Übungen nicht mehr zu benötigen. Daher werdet Ihr Euch nun zur Bibliothek begeben und in den Chroniken Eures Stammes die Kämpfe Eurer Vorfahren herauszuarbeiten und Euch die Techniken einzuprägen. In der nächsten Lehrstunde werde ich Euch in einem Kampf darauf prüfen.«
»Wollt Ihr, dass ich zuvor Raphaios aus seinem eisigen Gefängnis befreie?« Leoth konnte den abschätzigen Ton in ihrer Stimme hören, obwohl sie sich sichtlich Mühe gab, unterwürfig zu erscheinen.
»Nun, wenn er glaubt, bereit für einen Kampf gegen einen Wassermagier zu sein, so soll er auch die Konsequenzen tragen und sich selbst befreien.« Mit diesen Worten wandte sich Leoth wieder seinem Sorgenkind Anaria zu. Er spürte den intensiven, beinahe durchdringenden Blick Amandrias im Rücken, während er hörte, wie sie in einer Wasserfontäne verschwand.
Das neidvolle Seufzen Anarias lenkte seine Gedanken wieder auf die junge Erdmagierin, bevor er sich den Kopf über Amandria und Raphaios zerbrechen konnte. Der strenge Blick, den er der jungen Frau schenkte, verfehlte seine Wirkung nicht.

***

»Dämlicher, überflüssiger, langweiliger Unterricht!« Fluchend betrat Amandria die Bibliothek. Sie hatte aus ihren Fehlern gelernt, seit sie das letzte Mal das Donnerwetter ihres Lebens über sich ergehen lassen musste. Zugegeben, es war nicht die klügste Entscheidung gewesen, sich in einer Wasserfontäne in der Bibliothek zu manifestieren. Dennoch hätte der stundenlange Vortrag der »Herrin des Wissens und der Bücher«, wie sie die Bibliothekarin und gleichzeitig die beste Freundin ihrer Mutter nannte, nicht sein müssen. Die meisten Bücher hatten nichts abbekommen und nur einige wenige waren mit Tropfen bespritzt gewesen. Doch Nería behielt sie seitdem genaustens im Auge und verlangte, dass sie die Bibliothek nur noch zu Fuß betrat.
»Bla, bla, bla. Wasser. Bla, bla, bla. Heilige Hallen. Bla, bla, bla. Bücher. Bla, bla, bla. Ich werde diesen Vorfall deiner Mutter melden!«, murmelte Amandria vor sich hin. Aus den Augenwinkeln konnte sie Nería wissen lächeln sehen, während Amandria sie mehr schlecht als recht nachäffte.
»Nun, was hast di dieses Mal wieder angestellt?« In Nerías Stimme schwang unverhohlener Spott mit.
»Es freut mich auch, dich zu sehen, Nería.« Amandria bemühte sich gar nicht erst, ihren Unmut zu verstecken. Sie ignorierte den Blick der Bibliothekarin, in dem nicht gestellte Fragen und die Forderung nach den Antworten standen und wanderte durch die Abteilung des Wasserstammes. Wie soll ich das schaffen? Es würde Tage dauern, jeden Kampf eines jeden, jemals lebenden Wassermagiers heraus zu suchen und die angewandten Techniken herauszuarbeiten. Frustriert und etwas demotiviert griff sie nach dem ersten Buch. Kaum hatten ihre Finger sich um den Einband geschlossen, entfuhr ihr ein Schrei und sie ließ es schmerzerfüllt fallen. Erschrocken, aber auch misstrauisch musterte Amandria die geröteten Stellen ihrer Handfläche. Ihr Blick wanderte hinüber zum Buch zu ihren Füßen. Die metallenen Lettern des Einbandes glühten noch schwach. Zögernd streckte sie die Hand danach aus, als ein schadenfrohes Kichern erklang. Amandria drehte sich zornig um. Raphaios lehnte lässig an einem Regal und lachte.
»Raphaios! Wenn das Buch Schäden davon getragen hat, werde ich dir deinen vorlauten Hintern versohlen, so dass du mindestens ein Jahr nicht mehr darauf sitzen kannst! Wenn das Buch auch nur einen Brandfleck hat, hänge ich dich an deinen Ohren auf!«Nería war unbemerkt in den Gang getreten und schenkte den beiden strafende Blicke. Schlagartig sank die Temperatur um einige Grade. Amandria verzog das Gesicht, hob das Buch wieder auf und ließ die Temperatur wieder steigen.
»Ich glaube nicht, dass Temperaturschwankungen gut für die Bücher sind.« Raphaios kicherte. Nería murmelte etwas vor sich hin und verschwand wieder. Amandria wartete, bis die Bibliothekarin wieder an ihrem Pul saß, bevor sie Raphaios wütend anfunkelte.
»Du bist ja so unglaublich witzig! Ist dir eigentlich bewusst, dass sie just in diesem Moment meiner Mutter alles erzählen wird? Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, was das für mich bedeutet? In welchen Schlamassel du mich gebracht hast?«
»Das war die Rache für den Eisblock!« Das freche Grinsen auf Raphaios‘ Gesicht entfachte ihren Zorn. Unbewusst ließ sie die Temperatur erneut sinken.
»Was habt ihr verdammten Wassermagier nur mit euren Temperaturschwankungen? Könnt ihr das nicht einfach mal sein lassen?« Er schien zu frösteln. Sie ignorierte den Anflug von schlechtem Gewissen, als sie die Gänsehaut auf seinen Armen sah. Auch das Bedürfnis, ihn mit ihrer Umarmung zu wärmen, schob sie beiseite.
»Du bist ein Feuermagier! Es ist praktisch unmöglich, dass du frierst!« Amandria schüttelte den Kopf und unterdrückte die aufkommenden Gefühle für ihn. Vor allem als sie sah, wie er beschämt den Kopf senkte und eine Entschuldigung murmelte.
Amandria stapfte an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, was sie mehr Willenskraft kostete, als erwartet, und setzte sich an einen großen Tisch. Sie achtete dabei sorgsam darauf, dass ihre Finger die metallenen Lettern nicht berührten.
»Es gibt eine einfachere Methode, als jedes Buch zu lesen.« Raphaios war ihr gefolgt. »Einfacher und effektiver.«
Das spitzbübische Grinsen auf seinem Gesicht verhieß nichts Gutes. Amandria bedachte ihn mit einem vielsagenden Blick und schlug das Buch auf.
»Nun sei doch nicht so! Ich weiß doch, dass dir diese Aufgabe nicht zusagt und du sie schnell erledigen möchtest. Warum hörst du mich nicht wenigstens an? Du kannst meinen Vorschlag immer noch ablehnen!«
»Wieso habe ich das Gefühl, dass deine Idee wieder mit jeder Menge Ärger verbunden ist? Immerhin hat bis jetzt alles, was wir auf dein Geheiß ausprobiert haben, in einer Katastrophe geendet.«
»Alles haben wir noch nicht ausprobiert.« Sein anzügliches Grinsen ließ Amandrias Herz schneller schlagen. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken in eine Richtung, die sie sich selbst verboten hatte. Um sich nicht zu verraten, schlug sie mit dem Buch nach ihm und erwiderte mit betont kühler Stimme: »Also schön. Wie sieht dein Plan aus?«
»Wir benutzen unsere Elemente.«
»Wie bitte?«
»Wir benutzen unsere Elemente.«
»Das habe ich schon verstanden. Ich verstehe nur nicht, was du damit meinst.«
»Es mag vielleicht jetzt klingen, als wäre ich nicht bei Verstand, aber manchmal scheint das Feuer mit mir zu sprechen. Mich zu warnen. Mir zu helfen. Es hilft mir, meine Fähigkeiten auszubauen und da dachte ich, wir könnten unsere Elemente benutzen, um uns das Wissen anzueignen. Weißt du, ich meine das so«, sprach er hastig und wirkte auf einmal aufgeregt. Und ein bisschen nervös. »Also, weißt du, das Feuer gibt das Geschriebene an mich weiter und ich dann an dich.«
Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Er wirkte verlegen und tief in ihrem Herzen berührte es sie. Er wollte ihr helfen. Er wollte ihr wirklich helfen. Wie schon früher stand er zur Seite, wann immer sie ihn brauchte. Sie biss sich auf die Lippe. Um ihre Haltung zu bewahren, konzentrierte sie sich wieder auf das Wesentliche.
»Musst du dafür die Bücher nicht in Brand stecken?«
»Ich glaube schon.« Raphaios errötete. Amandria konnte nicht anders. Sie fand sein Erröten schlichtweg süß.
»Und du neubst, Nería bemerkt es nicht, wenn die Bücher plötzlich Feuer fangen?« Sie sah wie Raphaios betreten den Kopf senkte.
»Siehst du!«Amandria wandte sich wieder dem Buch zu.
»Aber mit deinem Element sollte es funktionieren!«
»Natürlich! Wasser schadet Büchern auch absolut nicht.«
Sie bemerkte, wie er entmutigt auf einen Sessel neben ihr sank. Ihre Knie berührten sich und Amandria biss sich erneut auf die Lippe. Ihr Herzschlag beschleunigte sich wieder. Sie neigte sacht den Kopf und musterte ihn. Seine goldenen Augen, das dunkle Haar und die gebräunte Haut verliehen ihm zusammen mit den kleinen Flammen an seinen Handgelenken den Eindruck einer glühenden Fackel.Amandria verkniff sich einen Seufzer. Ja, sie fühlte sich zu ihm hingezogen. Seit sie einander das erste Mal gesehen hatten, bestand ein Band zwischen ihnen. Und all die Jahre hatte es sich gefestigt und vertieft. Ihre Mutter hieß es willkommen. Sah es als gutes Zeichen, wenn sie später Seite an Seite kämpfen würden. Allerdings warnte ihre Mutter sie auch immer wieder davor, ihren Gefühlen für Raphaios nachzugeben. Es könnte im Kampf beide das Leben kosten. Amandria schüttelte den Kopf, um sich wieder zu fassen. Nachdenklich starrte sie auf die eng beschriebenen Seiten. Es musste einen einfacheren Weg geben, als all das zu lesen. Und das ohne die Bücher zu zerstören.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Befreit lachte sie auf. Als sie Raphaios‘ verständnislosen Blick auffing, zwinkerte sie ihm zu. Beide Hände über den aufgeschlagenen Seiten haltend schloß sie die Augen und konzentrierte sich. Sie bemühte sich, sich vorzustellen, dass die Tinte flüssig war, dass immer noch irgendwie Reste der Flüssigkeit vorhanden war.
Du darfst nicht nach der Flüssigkeit suchen. Stelle dir vor, dass die Tinte nach wie vor fließt.Unaufhörlich und im Gleichgewicht. Nun lass sie auf dich wirken. Werde Teil von ihr. Lass dich von ihrem Fluß tragen und sie wird dir ihr Geheimnis verraten.
Auch wenn sie es mittlerweile gewohnt war, von ihrem Element Ratschläge erteilt zu bekommen, erschreckte sie es immer wieder aufs Neue.
»Was tust du da?« Raphaios‘ Stimme klang erschüttert.
Vorsichtig öffnete sie die Augen. Die Wörter, die Tinte floß über ihre Haut. Stimmen flüsterten in ihrem Kopf. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie es bemerkte. Sie hob den Blick und sah sich selbst in Raphaios‘ Augen: Ihre Augen leuchteten in einem intensiven Blau und feine Tätowierungen zogen sich über ihre Wangenknochen.
Die Seiten blätterten sich von selbst, während Amandria sich vom Strom des Wissens mitreißen ließ.

Dienstag, 23. Juli 2013

Auszug aus Café Diary 11: Prünhilt

Tag 71

Jen stand neben Leo, die mit einer missmutigen Miene am Treppengeländer lehnte und wie sie auf den Zug wartete. Und wie Leo war Jen nicht nach Reden zumute. Nicht nach einem Wochenende, an dem alles immer und immer wieder durchgekaut worden war - ohne Ergebnis. Fatima war weg. Mark, Lorena und Matthias bildeten immer noch eine Bedrohung. Überraschenderweise war es weder Ben noch Leo gelungen, einen halbwegs durchführbaren Plan aufzustellen. Oder eine Lösung zu finden, wie man die Drei stoppen könnte. Auf verstörende Art und Weise verunsicherte Jen das. Die kriminelle Energie Bens und Leos manchmal zu offensichtlich aufblitzende Kaltherzigkeit hatte sie hoffen lassen, das Chaos schnell zu beenden. Uns muss ganz schnell was einfallen! Die Zeit läuft uns davon und ich glaube nicht, dass wir große Überlebenschancen haben, wenn wir nicht bald handeln.
»Jetzt zerbrich dir doch nicht den Kopf über die drei Spackos. Wir werden schon eine Lösung finden. Wir finden immer eine Lösung.«
Jen runzelte die Stirn. Etwas in Leos Stimme verriet ihr, dass sie einen Plan hatte. Und so wie ich sie kenne und ihren Hass auf Matthias, wird das nicht angenehm werden. Also für ihn. Oder für uns, wenn’s Leo verkackt.
»Das war mein Ernst. Stop thinking about it! Ich kann dich bis hierher denken hören und es macht mich wahnsinnig!« Leo sah aus, als würde sie am Liebsten irgendetwas zerschmettern. Irgendetwas werfen. Jen’s Mundwinkel hoben sich automatisch ein Stückchen. Das war fast wieder die alte Leo. Die, die sie vor mehr als zehn Wochen kennen gelernt hatte. Ich fühl mich alt.
»Noch so ein Seufzer und ich schenk dir eine Rheumadecke. Glaubst du echt, du bist alt? Man, man, man. Komm mal in mein Alter. Wo steckt eigentlich Dan? Und Oliver? Der Zug hat Verspätung - sollten die beiden nicht längst hier sein? Haben wir irgendwas verpasst?«
Was geht denn jetzt ab?
»Ich hab keine Ahnung.« Was soll ich denn sonst sagen? Jen sah, wie Leo wieder diesen eigenartigen Ausdruck, den sie in letzter Zeit so häufig bei ihrer Freundin erkennen konnte, in den Augen bekam und wieder in ihren Gedanken versank.
Na dann nicht. Dann schweigen wir uns eben wieder an. Hab ich auch kein Problem mit.

Dan gähnte. Er versicherte sich noch einmal, dass Leo und Jen weit genug weg waren und nicht bemerkt hatten, dann warf er sich auf einen der metallenen Sitze und wartete. Ninas Besuch und das, was sie ihm erzählt hatte, beschäftigten ihn noch immer. Seine Freunde hatten so viele Geheimnisse vor ihm und er wusste einfach nicht mehr, ob er ihnen jemals wieder vertrauen konnte. Abgesehen davon wollte er Jen’s Genörgel, Leos schlechte Laune und Olivers nichtssagendes Geschwätz nicht hören. Ich sollte mir eine Wohnung in Tübingen suchen. Dann kann ich morgens entspannt zur Uni gehen und vielleicht kann Nina ja bei mir einziehen. Dann sind wir hoffentlich auch aus der Schusslinie.
»Ey, Dan!«
Dan verzog das Gesicht. Oliver. Scheiße. Da hat er mich wohl entdeckt. Wunderbar..
»Warum bist du denn nicht da drüben bei Leo und Jen?« Oliver blieb dicht vor ihm stehen.
Boah, hat dem denn nie einer gesagt, dass es echt bescheiden ist, jemandem so auf die Pelle zu rücken? Vor allem wenn man stinkt wie ein Bauernhof? Oder zumindest nicht gerade angenehm duftet?
»EY! LEO! JEN! HIER IST ER!« Oliver formte mit den Händen eine Art Megaphon und brüllte die beiden Freundinnen an. Nicht nur ihre Aufmerksamkeit und die aller anderen Anwesenden war ihm sicher.
Muss der so schreien? Dan rieb sich die Schläfen. Er sollte ein Buch schreiben. »Wie versaue ich es mir innerhalb eines Morgens mit allen Leuten meines Alters«. Würde sicher ein Bestseller werden.
»KOMMT MAL RAN! DAN SITZT HIER!«
Wäre ich jetzt Leo, hätte ich ihm längst die Zunge rausgerissen. Oder ihn anderweitig zum Schweigen gebracht. Vollidiot. Brüllt hier rum wie ein Gorilla und wundert sich, dass wir ihm aus dem Weg gehen. Dan beobachtete, wie Leo und Jen zusammenzuckten und sichtlich widerwillig zu ihnen trotteten. Leos Augen glitzerten, was, wie er mittlerweile wusste, kein gutes Zeichen war und Jen’s Gesichtsausdruck verriet, dass sie kurz vor einem Wutanfall stand. Okay, das wird heute noch richtig lustig. Leos Ausbruch hab ich ja verpasst. Aber Jen’s dürfte auch nicht schlecht werden.
»Ihr lahmen Schnecken! Beeilt euch doch mal. Ihr solltet definitiv mehr Kaffee trinken, wenn ihr zu müde seid, um euch zu bewegen.«
Dan verschluckte sich beinahe, als er sich das Lachen verkniff. Leos Augen waren mit einem Mal tiefschwarz geworden und der blanke Hass stand darin. Jen hingegen wirkte auf einmal seltsam friedlich und entspannt.Dan runzelte die Stirn. Eine tickende Zeitbombe wäre seiner Meinung nach wesentlich weniger gefährlich.
Der eintreffende Zug entschärfte die Situation ein bisschen. Während sie einstiegen, rieb sich Dan insgeheim die Hände. Das wird sicher eine wahnsinnig unterhaltsame Fahrt. Er runzelte die Stirn, als sich Leo plötzlich zu einem, ihm unbekannten jungen Mann setzte. Um aber nichts zu verpassen, steuerte er die freien Plätze auf der anderen Seite des Ganges an und winkte Jen zu sich.
»Kennst du den Kerl?«, wollte er von ihr wissen.
»Du meinst den, bei dem Leo sitzt? Nö, keine Ahnung. Aber sie scheint sich mit ihm besser zu verstehen als mit uns.«
»Bist du etwa eifersüchtig? Ich glaub, sie flüchtet eher vor Oliver und hat in dem Kerl ein Opfer gefunden, das sie volllabern kann.« Dan zog die Beine ein, als sich Oliver auf den freien Platz ihm gegenüber drängte und tauschte mit Jen einen genervten Blick. Er lehnte den Kopf gegen den Sitz und hoffte, dass Oliver vielleicht zufällig die Fähigkeit zu sprechen verlernen würde.
»Was macht denn Leo da drüben? Ey, Leo!« Oliver beugte sich nach vorne. Dan drückte sich unwillkürlich enger in seinen Sitz, um auszuweichen.

Leo wandte genervt den Kopf. Da setzte sie sich schon von ihren Freunden weg, um Oliver zu entkommen und dann das. Jetzt saß er mit den anderen quasi neben ihr und brüllte das halbe Abteil zusammen. Kann der nicht einmal Rücksicht nehmen, dass es zu früh für seinen Bullshit ist? Sie gähnte verhalten. Okay, ist das jetzt der Zwillingsbruder oder ist er es nicht?
»Du bist ... Michael, richtig?« Leo ärgerte sich über sich selbst, weil sie so zaghaft klang. Liebes Selbstbewusstsein, du darfst dich gerne ab und an mal blicken lassen!
»Du erinnerst dich an meinen Namen, das ist schön.«
Leo kniff die Augen zusammen. Sie hatte das Gefühl, auf den Arm genommen zu werden.
»Ja, ich hab aus meinen Fehlern gelernt. Ich glaub, so schnell verwechsel ich euch zwei nicht mehr.« Sie zwinkerte.
»Ey! Leo!«, blökte in diesem Moment Oliver dazwischen. »Magst uns nicht mal vorstellen?«
Sicher nicht. Leo schloss gequält die Augen. »Oliver - Michael. Michael - Oliver.«
»Hi.« Oliver schwang sich neben Leo, die sich vor Scham wand, und beugte sich nach vorne. »Ich stör euch doch nicht etwa, oder? Worüber habt ihr denn gesprochen? Muss echt interessant gewesen sein, wenn Leo ihre Freunde dafür vernachlässigt.«
Vernachlässigt? Nur weil ich dir Spacko ausweich? Na danke!
Michael schien peinlich berührt zu sein und nicht zu wissen, was er jetzt sagen oder wie er reagieren sollte. Leo ballte die Hände zu Fäusten.
»Ey, Oliver, du verficktes Trampeltier! Siehste nicht‘, dass die beiden keinen Bock auf dich haben? Dass die lieber für sich sind? Und dass Leo dir sogar schon ausweicht und sich zu so einem Streber setzt?« Jen’s zornige Stimme übertönte auch das Hupen des Zuges. Leo warf Michael einen zerknirschten und entschuldigenden Blick zu. Der muss ja auch denken, wir sind die totalen Freaks.
»Du merkst echt nicht, wie nervig dein dummes Geschwätz ist! Du mischt dich in Sachen ein, die dich nichts angehen und von denen du absolut keine Ahnung hast! Aber Hauptsache du hast mitgeredet. Hauptsache du hast deinen unqualifizierten, uninteressanten, dummen Senf dazu gegeben! Du nervst so sehr mit deiner Kinderkacke! Nicht nur, dass du dir ständig am Sack rumfingerst - ehrlich, das ist so unhöflich und so eklig! - und das ständig und gefühlt alle dreißig Sekunden, nein, du benimmst dich wie ein Trampeltier. Jeder Elefant wäre neidisch auf dein Feingefühl und dein Timing, im richtigen Moment das Falsche zu sagen. Alter! Reiß dich doch einfach mal am Riemen! Es ist doch echt nicht so schwer, mal nachzudenken, bevor du dein dummes Maul aufmachst! Ehrlich! Ich mag dich zwar, aber ich kann dich nicht ständig verteidigen. Ich bin es leid von den anderen immer komisch angeguckt zu werden, wenn ich mit dir red und du dich davor mal wieder daneben benommen hast. Ich will das auch nicht mehr!« Jen schien nach ihrem kleinen Ausbruch völlig außer Atem zu sein. Leo starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an, während Jen nach Atem rang. Was war das denn jetzt? Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen, dass auch Dan völlig baff zu sein schien. Starrt er ihr etwa auf die Brüste? Leo hob eine Augenbraue und versuchte, Dans Blick zu folgen. Tatsache. Aber Jen’s Busen wogt ja auch wie in den schönsten Historienromanen.
»Wie ... wie kannst du so was sagen?« Olivers Stimme klang piepsig.
Also, Justin Bieber wäre stolz auf ihn. Eindeutig.
»Ganz einfach. Indem ich meinen Mund aufmach und die Worte einfach mithilfe meiner Stimmbänder forme und rausströmen lasse.«
»Und wir setzen uns jetzt alle wieder und beruhigen uns und einige von uns halten jetzt einfach den Rand und so Zeug.« Leo rieb sich den Nacken, bevor sie Jen einen Stoß versetzte, so dass diese auf ihren Platz fiel. Sie warf Oliver einen warnenden Blick zu, der es sich erneut neben Michael gemütlich machen wollte.
Komm schon! Beweg deinen Arsch hier weg!
Oliver schluckte. Leo hob eine Augenbraue, nickte mit dem Kopf zu den freien Plätzen weit von ihnen entfernt und wartete. So schwer kann das ja nicht sein!
Als sich Oliver nicht bewegte, unterdrückte Leo nur mühsam ein Knurren. Himmel! Wie begriffstutzig kann ein Mensch denn sein?!
Bevor er irgendetwas sagen konnte, wandte sie den Kopf und blickte stur aus dem Fenster. Dank der spiegelnden Oberfläche konnte Leo erkennen, dass sich Dan mit seinem Handy beschäftigte und Jen lieber in ihrem Drama-Analyse-Buch las, als sich mit Oliver zu unterhalten.
Ob er sich traut, Michael vollzulabern? Oder hat er wenigstens ein bisschen Schamgefühl und hält sich zurück? Man darf gespannt sein. Wir haben ja noch den Großteil der Fahrt vor uns. Yey!

Mittwoch, 12. Juni 2013

Meine kleine Welt: Blogtour Tag 2

Meine kleine Welt: Blogtour Tag 2: Jeder kennt ja Werwölfe aus diversen Filmen und Serien, die durch einen Biss infiziert werden. Jetzt müssen sie sich zu jedem Vollmond verwa...

Mittwoch, 29. Mai 2013

Café Diary 10

Der zehnte Teil ist auf neobooks schon erhältlich. Createspace braucht wieder einmal etwas länger :P und bis es dann auch in den anderen Online-Shops erhältlich ist, ist es auch nur noch eine Frage der Zeit. Dennoch bin ich grad total euphorisch und bin versucht, es wie jene zu machen, die auf Facebook ihren eigenen Status liken: Ich klopf mir gleich selbst auf die Schulter und gratulier mir :D

Dienstag, 28. Mai 2013

Auszug aus Café Diary 10



Tag 64

»Guten Morgen, ihr Hübschen und Lieben.«
Beim Klang von Olivers Stimme stöhnte Leo genervt auf. Das muss doch nicht sein! Ich hab keinen Bock, meinen Kaffee rückwärts zu trinken! Suchend sah sie sich nach einem anderen Platz um, als sie jemanden entdeckte, den  sie zu kennen glaubte.
»Sorry, Jungs und Mädels und anderes Getier, ich hab hier noch was zu klären. Wir sehen uns am Bahnhof.« Leo schlüpfte auf den freien Platz bei dem jungen Mann, den sie letzte Woche schon einmal im Zug getroffen und mit dem sie sich überraschend gut unterhalten hatte. Wie hieß er denn nur gleich? Ach verdammt! Ich und Namen!
»Guten Morgen! Na, was machst du denn so früh im Zug? Ich hab dich noch nie hier gesehen. Find ich aber cool. Du hast mich vor einem richtig dämlichen Kerl gerettet und vor einer ziemlich bescheidenen Zugfahrt.« Leo nahm einen Schluck aus ihrem Thermobecher. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie nervig manche Menschen sein können. Vor allem wenn sie nicht merken, dass sie nerven oder stören oder so was. Und wenn sie Zeug labern, was keinen interessiert oder so.«
Ihr Gegenüber lächelte schmallippig und nickte.
Irgendwas stimmt mit dem nicht! Letzte Woche war der anders drauf. Vielleicht auch ein Morgemuffel ...

Jen verdrehte die Augen, als sie Leo beobachtete, die bei einem, ihr unbekanntem jungen Mann saß und ohne Unterbrechung vollquatschte. Aber Oliver als hirnlosen, ständig dummes Zeug quatschenden Idioten hinstellen! Ich find’s zum Beispiel echt lustig und auch süß, wie sich Oliver für Computerspiele begeistern kann. Allerdings frag ich mich, warum er hier im Zug sitzt, wo er doch jetzt in Tübingen Chemie studieren will. Wahrscheinlich hat er noch keine Wohnung gefunden.
Plötzlich merkte sie, dass Charlie und Dan sie schon mehrfach angesprochen hatten.
»Was gibt’s denn?«
Dan nickte mit dem Kopf Richtung Oliver und wackelte mit den Augenbrauen. Jen seufzte. Blödmann. Erst dieses riesen Trara um Tim, jetzt dieses Affentheater wegen Oliver. Ich brauche neue Freunde. Welche, die nicht ständig zu geifern anfangen, wenn sie mich mit einem Kerl reden sehen.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Oliver. Er erzählte schon die ganze Zeit – sehr leidenschaftlich und vollkommen in seiner Welt gefangen – von World of Warcraft und schien nicht zu bemerken, was um ihn herum geschah. Das ist ja schon etwas süß, aber irgendwie auch ziemlich nervig. Warum spielt er dieses doofe Spiel? Sogar Leo ist irgendwann erwachsen geworden und hat aufgehört den Rotz zu spielen.
Ein Seufzen unterdürckend lehnte sie den Kopf gegen die Fensterscheibe und ließ sich von Oliver bedröppeln, der sich in seine WoW-Erzählungen hineinsteigerte.

Leo hielt inne. Irgendetwas schien mit ihrem Gegenüber nicht zu stimmen. Er reagierte nicht so, wie sie es erwartete – und von letzter Woche noch wusste. Sie runzelte die Stirn und legte den Kopf schief.
»Irgendwas stimmt nicht mit dir. Du tust so, als ob du keine Ahnung hast, wer ich bin.«
Ihr Gegenüber lächelte schmallippig.
Gnah! Das hilft mir ja jetzt ungemein weiter!
»Ich glaube, du verwechselst mich mit meinem Bruder.«
Leo hob eine Augenbraue und legte den Kopf schief. Wie meint der Kerl jetzt das?
»Bruder?« Sie sprach das Wort sehr langsam und gedehnt aus.
»Ja. Du meinst sicher, du sprichst mit meinem Zwillingsbruder. Ich bin allerdings nicht Manuel, sondern Michael.«
Leo blinzelte. Okay, da hab ich mich wohl dick in die Nesseln gesetzt! Hallo, Fettnäpfchen! Here we go again!
»Dann entschuldige ich mich vielmals, dass ich dich einfach so vollgelabert hab und dich wahrscheinlich unendlich genervt hab. Tut mir echt leid.« Leo senkte den Kopf. Sie schämte sich. So etwas passierte ihr normalerweise nie. Namen und Gesichter miteinander verknüpfen und sich merken – das war eigentlich schon immer ihre Stärke gewesen.
»Das passiert doch bei Zwillingen immer wieder. Mach dir da jetzt keinen Kopf. Ich fand das ja sogar richtig süß. Und nett. Auf jeden Fall war es nicht langweilig.« Michael grinste sie an, zwinkerte dabei. Leo erwiderte sein Grinsen mit einem schwachen Lächeln, bevor sie sich abwandte und beschämt den Kopf senkte. Verdammte Axt! Ich hab mich ja mal so was von blamiert. Wunderbar. Gott sei Dank hat das mal keiner mitbekommen. Das dürfte ich mir sonst ewig anhören!
Sie rutschte auf ihrem Platz herum, machte sich so klein wie möglich und wich dem Blick Michaels aus. Dieser schien sich köstlich zu amüsieren. Mit einem leisen Stöhnen verbarg sie ihr Gesicht in den Händen.

***

Am Bahnhof konnte Leo nicht schnell genug aus dem Zug springen. Sie schämte sich immer noch dafür, dass sie die beiden verwechselt hatte – ganz gleich ob es Zwillinge waren. Sie drängte sich durch die Menschen am Bahnsteig, um sich weder Oliver noch Michael stellen zu müssen. Oder ihren Freunden, die das unter Garantie mitbekommen hatten.
Gefundenes Fressen für Jen. Das darf ich mir sicher noch sehr, sehr lange anhören.

»Und sie rennt vor uns weg, weil ...?« Dan deutete mit hochgezogenen Augenbrauen in Leos Richtung und sah Jen fragend an. Diese zuckte mit den Achseln, blieb ihm aber eine Antwort schuldig. Dan bemerkte, dass ihre Aufmerksamkeit mehr Oliver als ihm oder Leo galt und verdrehte die Augen. Langsam kann ich verstehen, warum Leo so genervt auf dieses Geturtel reagiert. Das ist ja auch schwer zu ertragen. Er schüttelte sich und drängte sich ebenfalls durch die Menschenmenge. Er wollte eigentlich nur so schnell wie möglich zu Nina. Sie hatten sich zwar ausgesprochen und irgendwie versöhnt, aber er traute dem Frieden noch nicht. Nina war für ihn einfach ein großes Rätsel und er war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel – egal, was sein Vater ihm versuchte weiszumachen. »Frauen müssen für uns Männer immer ein Rätsel bleiben. Nur so wird und bleibt es interessant.« Mein Vater hat doch keine Ahnung, wie es ist, wenn man in der Schwebe hängt und nicht weiß, woran man ist!
»Was ziehst’n du für ‘ne Fluppe?« Jen stieß ihn schmerzhaft ihren Ellenbogen in die Seite. Dan keuchte, rieb sich die Stelle und ignorierte sie. Oliver rückte ihm unangenehm auf die Pelle, um näher bei Jen zu sein, was Dan nicht nur reizte, sondern auch ein kleines bisschen anekelte.
Ich muss dringend ein ernstes Wort mit Leo reden! Sie kann mich doch nicht einfach mit diesen beiden Freaks allein lassen!
»Also, ihr zwei ... wir sehen uns später. Viel Spaß euch mit eurem Deutschzeug.« Oliver knuffte Dan, der sich zu einem Lächeln zwang und schien kurz zu zögern, bevor er Jen umarmte. Dan hatte gar nicht bemerkt, dass sie den Bahnhof verlassen hatten, dennoch war er froh, Oliver los zu sein und sah sich nach Leo um. Er entdeckte sie an einer Laterne lehnend, breit grinsend und sich offensichtlich köstlich amüsierend.
»Jetzt mal ohne Scheiß! Was habt ihr zwei gegen Oliver? Der ist total nett!«
Dan kratzte sich nachdenklich am Kopf, während sie beide zu Leo hinüber gingen und überlegte, wie er diese Frage beantworten sollte.
»Na, seid ihr unsrem spastischen Nerd entkommen? Wisst ihr jetzt, wie man WoW nicht spielen sollte?« Leo gähnte bei ihren Worten, so dass Dan sie kaum verstand.
»Warum beleidigst du ihn denn ständig?«, fuhr Jen auf.
»Tu ich nicht. Wenn ich ihn beleidigen wollen würde, hätte ich ihn Trottel, Loser, Versager, Lutscher genannt. Aber Nerd ist die richtige Bezeichnung für den Kerl.«
»Da muss ich ihr aber zustimmen, Jen. Er ist ein Nerd. Und WoW-süchtig.« Dan stellte sich neben Leo. »Er spricht von nichts anderem. WoW hier, WoW da. Siehst du das nicht?«
»Ihr habt doch keine Ahnung!«
Dan kicherte, als er sah, wie Jen die Arme verschränkte. Auch Leo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, wie ihm auffiel. Oh, das kracht heut noch! Leos Abneigung gegen Oliver ist ja mittlerweile allgemein bekannt und wenn der nachher wieder am Bahnhof steht, wird’s echt lustig. Immerhin ist um die Zeit der Zug dermaßen überfüllt, dass uns nichts anderes übrig bleiben wird, als bei dem Kerl zu stehen.
»Unser Bus kommt. Lasst mal hier einsteigen und lustig, lustig NDL ertragen. Und so wie ich unsren kleinen Nerd kenn, wartet er dann sowieso wieder auf uns. Yey.«
Dan musste bei Leos Worten grinsen und folgte ihr in den Bus.

***

Charlie küsste Patrick zum Abschied, bevor sie widerwillig den Brechtbau betrat. Sie hatte keine Lust auf NDL. Vor allem nicht auf das heutige Referat. Oder auf ein Wiedersehen mit Nick. Sie wollte viel lieber mit Patrick den Tag verbringen. Charlie griff nach seinem Arm, hinderte ihn zu gehen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, wurde sie rüde und laut unterbrochen. Jen schlang plötzlich und wie aus dem Nichts die Arme um sie und rief dabei unüberhörbar laut: »Wir sind daaahaaa! Hast du uns vermisst?«
Charlie seufzte. Ja, natürlich. Gerade jetzt. Total. Wusste gar nicht wohin mit meiner Sehnsucht.
»Jen, du hast das Feingefühl eines Elefanten auf PMS. Siehste nicht, dass die beiden gerade in einer »wir scheißen auf die Uni und verkriechen uns in meiner Wohnung«- Session aufbrechen wollten? Man, man, man. Darf ich vorstellen? Moment-Killer Jennifer Schnee.« Leo zog Jen von Charlie weg und lächelte das Pärchen entschuldigend an. »Sie hat einfach noch nicht den richtigen Zucker-Koffein-Pegel erreicht. Nehmt ihr das nicht übel. Ich nehm‘ dann die Unterlagen für dich mit, Charlie. Macht euch einen schönen Tag.«
Charlie lächelte unwillkürlich, als sie sah, wie Leo sowohl Dan wie Jen von ihr wegzog und die beiden ins Gebäude schleifte.
»Wir sollten die Chance ergreifen und die Möglichkeit nutzen, die uns Leo da bietet. Oder möchtest du lieber in den Unterricht?« Patricks starke Arme umfingen sie. Eine wohlige Wärme breitete sich in ihr aus und sie lehnte sich mit einem leisen Seufzen gegen seine Brust.  Bei ihm vergaß sie sogar Nick.
»Lass uns gehen«, flüsterte sie kaum hörbar und griff nach seiner Hand. Mit wild klopfendem Herzen führte sie ihn mit sich fort.

Nick saß schon auf seinem Platz, als die Freunde eintraten. Sein Blick blieb länger an der Tür hängen, als er es beabsichtigte. Doch er musste es einfach wissen. Er musste wissen, ob Charlie auftauchen würde. Er hatte zwar das Wochenende mit Britta verbracht und seltsamerweise nur noch verschwommene Erinnerungen daran, doch er wusste eines ganz genau: Er hatte sich noch nie so gut gefühlt – außer mit Charlie. Es ist nicht fair beiden gegenüber. Aber ich kann nicht ohne Charlie oder Britta. Jedes Mal wenn ich mich von Britta entferne, geht es mir schlecht. Und jeder Tag ohne Charlie ist reine Verschwendung. Was soll ich nur tun?
»Sie wird nicht kommen.«
Nick wandte den Kopf und blickte in die Augen seines besten Freundes.
»Alter, es schmerzt mich das zu sagen, aber sie wird nicht kommen. Sie hat einen anderen. Du hast es einfach verkackt.« Dans schonungslose Worte schmerzten Nick. Er musste schlucken. Er hatte das Gefühl, dass sein Herz jeden Moment in Scherben zerbrechen würde. Charlie liebt also einen anderen. Ich habe sie verloren.
Nick ließ den Kopf hängen. 


»Was hat denn Nick, die Pussy, schon wieder?«, zischte Jen, während sie Leos Block mit ihrem Bleistift malträtierte.  
»Periode. Stimmungsschwankungen, weil er mit dem ganzen Östrogen nicht klar kommt. Zu wenig Alkohol. Zu viel Alkohol. Man weiß es nicht, man will es auch nicht wissen.« Leo kratzte sich an der Nase, schien aber unbeindruckt von den Geschehnissen um sie herum.
»Kümmert dich das denn gar nicht? Bist du denn nicht neugierig?«
»Nope. Ich halt mich aus dem Chaos, das Nick da mit sich rumschleppt, raus. Keine Lust da mit reingezogen zu werden. Dafür sind zu viele Zicken involviert: Charlie, Britta, Nick. Und wahrscheinlich noch mehr. Nicht zu vergessen Patrick. Glaubst du ernsthaft, ich möchte in dieses chaotisches Beziehungsgeflecht reingezogen werden?« Leo widmete sich wieder ihrem Kindle. Jen schüttelte den Kopf. Sie verstand ihre Freundin manchmal nicht. Leo wirkte manchmal wie ein Eisklotz, unfähig sich für ihre Mitmenschen zu interessieren. Und dann wiederrum riskiert sie alles, um zu helfen. Seltsames Weib. Ihr Blick wanderte durch den Seminarraum. Nick sah aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. Dan schien mit sich und der Welt im Reinen zu sein und Leo war halt mal wieder Leo. Jen verzog das Gesicht. Heute Morgen hatte Leo tatsächlich den Vorschlag gemacht, Fatima freizulassen. Hat diese Wahnsinnige ihr irgenwas erzählt? Oder warum dieser Sinneswandel? Und warum sind Xavier und Leo immer so schreckhaft? Warum kriegen die beiden jedes Mal die Krise, wenn was umfällt oder es irgendwie kracht, knallt oder sonst laut wird? Was ist bei ihren Eltern passiert?
»Wenn du weiter so grimmig guckst, kriegst du Falten.« Leo wollte soe offensichtlich ablenken und auf andere Gedanken bringen, doch Jen hatte dafür einfach keinen Kopf. Mit einem unfreundlichen Grunzen versank sie wieder in ihren Gedanken.

Leo hob eine Augenbraue. Himmel, ist die wieder zickig heut! Ich weiß ja, dass ihr mein Vorschlag bezüglich Fatima nicht gepasst hat, aber da muss man doch jetzt nicht gleich so ein Faß aufmachen! Ich mein, warum sollen wir diese Trulla länger als notwendig bei uns behalten? Sie hat mir alles verraten, was sie weiß – jetzt ist es eh egal. Ich hab ja sogar das Geständnis, dass sie drogensüchtig ist. Die Polizei wird ihr dann sowieso nicht glauben, dass ich sie entführt hab. Die werden denken aufgrund meiner Freundschaft zu Nina hab ich nur zum Wohl Fatimas gehandelt und wollte sie wieder clean bekommen. Unauffällig warf sie einen Blick auf ihr Handy. Xav! Ist alles in ordnung bei dir?
Ja, Matthias hatte ihnen seine Unterstützung zugesagt. Sie wusste aber, dass man ihm genauso wenig trauen konnte wie Lorena. Ich mach mir einfach wahnsinnige Sorgen um Xav! Was, wenn die beiden sich verbünden und gemeinsam gegen ihn vorgehen? Was dann? Plötzlich lenkte sie die Referatsgruppe an der Tafel ab. Oha, ich hab gar nicht mitbekommen, dass der Unterricht scvhon los geht. Ups.
Bemüht ihr Desinteresse nicht zu deutlich zu zeigen, nahm sie eines der Thesenpapiere entgegen und überflog es. Bei der Überschrift stockte sie und kicherte erstickt. Kabel und Liebe. KABEL UND LIEBE!
»Was soll das sein? Das neue Werbeplakat der Telekom?«, srpach Jen ihren Gedanken aus. Leo grinste. Sie fühlte sich wie ein Honigkuchenpferd, so breit grinste sie bei den Worten ihrer Freundin.
»Sieht wohl ganz danach aus. Ob sie den Fehler bemerkt haben?«
»Zumindest zieht sich dieses Kabel-Ding das ganze Handout über durch. Und es steht sogar so an der Tafel.« Jen deutete mit einem Kopfnicken nach vorne. Leo bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, um ihr Lachen zu verbergen. Oh Gott! Das wird so gut!

***

»Ich fass es nicht! Die haben dieses »Kabel und Liebe«- Ding das komplette Referat über durchgezogen! Respekt! So viel Eier hätt' ich ‘en Strebern nicht zugetraut!« Jen nickte anerkennend, während sie sich vor dem Brechtbau an ihrem Stammaschenbecher eine Zigarette anzündete. Leo knuffte sie, während Dan sich etwas aufplusterte.
»Loverboy, wehe, du setzt jetzt zu einer Moralpredigt an!«
»Ne, eigentlich wollte ich dir nur sagenb, dass du nicht immer jeden nach dem Aussehen bewerten solltest. Nur weil das Mädel der heutigen Gruppe wie eine hässliche Entlein- Version von Schneewittchen wirkt und sich die Haare schlecht färbt, heißt das nicht, dass sie nciht nett ist. Und nur weil die beiden Männer an ihrer Seite erst in zehn Jahren und durch regelmäßige Einnahme von Hormonpräparaten Männer sein werden, müssen es ja nicht zwangsläufig Loser sein.«
Jen und Leo klopften gleichzeitig Dan auf die Schulter.
»Die beiden haben eindeutig einen schlechten Einfluß auf dich, Alter.« Nick schüttelte den Kopf. Jen verzog das Gesicht und hatte Mühe, Nick nicht etwas sehr Beleidigendes an den Kopf zu werfen. Aber dann weint die Pussy wieder und das macht ihn noch jämmerlicher. Schnarchnase!
»Immerhin hat sich unser Dannyboy nicht zum Weichei entwickelt. Nick, was ist denn mit dir los? So eierlos kenn ich dich ja gar nicht.« Leo lehnte sich mit einem spöttischen Gesichtsausdruck an die Wand und musterte Nick. Jen kaschierte ihr Kichern mit einem Husten. Ins Schwarze getroffen! Nick guckt schon wieder wie ein angeficktes Eichhörnchen!
Nick schien das ehrlich zu treffen. Er verschränkte die Arme, auf seinem Gesicht erschien ein beleidigter Gesichtsausdruck.
»Die beiden haben das sicher nicht so böse gemeint, wie es geklungen hat. Jetzt verzieh doch nicht schon wieder das Gesicht.«
Jen sah, wie Leos Mundwinkel bei Dans Worten zuckten und auch sie konnte sich nur schwer beherrschen. Wie auf Kommando tauschten die beiden Freundinnen einen Blick aus und brachen gleichzeitigt in lautes Lachen aus. Nick stapfte beleidigt davon.
»Kabel und Liebe, Nick! Kabel und Liebe!«, rief ihm Jen hinterher.

***

Charlie zuckte zusammen, als es an ihrer Tür klingelte. Mit einer fahrigen Bewegung fuhr sie sich durch ihre rosaroten Haare, bevor sie sich aus dem Bett schwang. Sie wickelte sich in ihren Bademantel, stolperte zur Tür und sah durch den Spion. Nick? Was will der denn hier?
Charlie warf einen prüfenden Blick über die Schulter – Patrick war noch in ihrem Schlafzimmer, bevor sie die Tür öffnete.
»Was willst du von mir? Was hast du hier zu suchen?« Okay, ich hab ihn auch schon mal netter begrüßt.
»Du warst nicht in der Uni und ich hab mir Sorgen gemacht. Ist alles in Ordnung?«
Charlie musterte ihn misstruaisch. Irgendetwas an seinem Tonfall verriet ihr, dass er log. Dass er genau wusste, warum sie nicht in der Uni gewesen war. Aber warum?
»Haben dir die anderen denn nicht gesagt, was los ist?«
»Doch, aber ioch wollte es nicht glauben. Bist du ... hast du wirklich ...« Nick schien es nicht aussprechen zu können – oder wollen. Charlie seufzte. Es zerriss ihr das Herz, aber er hatte seine Chance vertan und verdiente die Wahrheit. Doch bevor sie etwas sagen konnte, spürte sie eine Bewegung hinter sich. Patrick legte den Arm um sie, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und wandte sich dann an Nick.
»Schön, dass du dir Sorgen um deine Freundin machst, aber wie du siehst, ist sie un guten und fähigen Händen. Ihr geht es gut und, sei mir nicht böse, wir wären gerne wieder ungestört.«
Charlie war ein bisschen geschockt, wie gleichgültig, nahezu herzlos Patrick Nick abspeiste und ihm einfach die Tür vor der Nase zumachte. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Ist Patrick etwa eifersüchtig auf Nick?

Nick ließ die Schultern und den Kopf hängen, als er Charlies Wohnung hinter sich ließ. Er stiefelte deprimiert zurück zur Uni. So also fühlt sich ein gebrochenes Herz an? Scheiß Gefühl. Er beschloß, sich später mit Britta zu treffen. Wenn Charlie sich für einen anderen entschieden hat, kann icih mich ja auch für eine andere entscheiden. Ich scheiß auf sie! Wer mich nicht will, hat Pech gehabt!
Etwas traf ihn am Kopf. Blinzelnd starrte er auf das glänzende Ding auf dem Boden, auf dessen leuchtender Oberfläche das Sonnenlicht 
brach und den weißen Schriftzug unleserlich machte. Ein M&M? Nick hob eine Augenbraue. Wer wirft mir denn so was an den Kopf?
»Ey, du Trübsal blasende Pussy!«
Natürlich! Jen!
»Warum machst du hier schon wieder einen auf Werther?«, wollte Jen in diesem Moment wissen. Nick wünschte sie an einen abgelegten, menschenleeren Ort, wo sie niemanden auf die Nerven gehen konnte.
»Du wirst sowieso keine Ruhe geben, bevor du nicht alles weißt. Ich war bei Charlie. Unserer kleinen Schlampenfreundin. Sie hat gerade ihren Stecher gefickt! Zufrieden?« Nick widerstand dem Drang, Jen die Zunge herauszustrecken und wollte gerade an ihr und Leo vorbei laufen, als ihn etwas mit voller Wucht ins Gesicht traf.
»Dafuq? Leo?« Jen’s Stimme war einige Oktaven nach oben geklettert. Nick starrte die dunkelhaarige Freundin fassungslos an. Hat sie mich gerade wirklich geschlagen?!
Er berührte die Stelle, an der ihn Leos Hand getroffen hatte und zuckte zusammen. Verdammt, tut das weh!
»So sprichst du nie wieder von Charlie! Nie wieder! Hast du mich verstanden?« Leo war ganz nah an ihn herangereten, so dass Nick unwillkürlich einen Schritt zurück machte. Ey, die Alte is‘ manchmal so verdammt gruselig! Doch er kannte Leo und wusste, es war besser ihr zuzustimmen, um sie nicht noch mehr aufzubringen. Also nickte er. Der wütende Blick, den sie ihn zuwarf, während sie sich an ihm vorbei drückte, ging ihm durch Mark und Bein. Er fing Jen’s irritierten Blick auf und verzog unwillkürlich das Gesicht. Ja, vielen Dank! Auch ihre beste Freundin wundert sich über sie! Großes Kino!

»Was zum Geier war das denn?« Jen musste sich beeilen, um mit Leo Schritt zu halten und stieß die Worte grepsst zwischen ihren Zähnen hervor.
»Was denn?«
»Wie du grad mit Nick umgegangen bist! Das war echt nich‘ okay!« Jen atmete schwer. Leo eilte mit großen Schritten durch die Straßen und schien keine Rücksicht nehmen zu wollen. Jen zischte einen undeutlichen Fluch. Was zum Geier ist mit diesem Weib los?
»Es musste einfach mal gesagt werden, okay? Und jetzt lass mal hinne machen. Unser Zug fährt gleich.«
Jen schüttelte den Kopf. Warum dreht die denn jetzt so am Rad? Nick hat sich zwar im Ton vergriffen, aber das is‘ ja kein Grund hier so durchzudrehen! Der arme Kerl! Doch Leo schien es nicht zu kümmern. Entschlossen stiefelte ihre Freundin zum Bahnhof und sie selbst musste sich beeilen, um mit Leo Schritt zu halten.

***

Matthias lächelte sein Gegenüber kalt an. Er hatte sich mit ihr in einem Café fern von seiner Frau, seinen Stiefkindern und den Leuten getroffen, die ihn kennen könnten.
»Nun, Lorena. Sie kennen jetzt die Situation und wissen nun auch, dass die beiden Bälger mich um Hife gebeten hat. Allerdings habe ich Ihr Angebot
von damals, kaum dass sie den Ex-Ehemann meiner Frau geheiratet haben, nicht vergessen.« Er nahm einen Schluck Bier, ließ Lorena dabei aber nicht aus den Augen. »Nun würde mich interessieren, ob dieses Angebot noch aktuell ist oder ob Sie es sich anders überlegt haben.«
Lorena schüttelte ihr Haar auf, schien auf Zeit zu spielen, denn sie wartete, bis sie antwortete.  Matthias beobachtete mit stetig wachsender Ungeduld, wie Lorena nach ihrer Tasse griff, genüsslich ihren Tee trank, bevor sie sich ihm zuwandte.
»Ja, das Angebot ist noch ... wie sagt man? ... Es steht noch.« Sie faltete die Hände in ihrem Schoß und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
Sie will die beiden wirklich aus dem Weg räumen!
»Dann sollten wir noch einmal alle Konditionen und Möglichkeiten durchgehen. Vor allem wie Sie sich das überhaupt vorstellen.« Matthias erwiderte das Lächeln Lorenas zufrieden. Wir gewinnen dadurch beide!


von damals, kaum dass sie den Ex-Ehemann meiner Frau geheiratet haben, nicht vergessen.« Er nahm einen Schluck Bier, ließ Lorena dabei aber nicht aus den Augen. »Nun würde mich interessieren, ob dieses Angebot noch aktuell ist oder ob Sie es sich anders überlegt haben.«
Lorena schüttelte ihr Haar auf, schien auf Zeit zu spielen, denn sie wartete, bis sie antwortete.  Matthias beobachtete mit stetig wachsender Ungeduld, wie Lorena nach ihrer Tasse griff, genüsslich ihren Tee trank, bevor sie sich ihm zuwandte.
»Ja, das Angebot ist noch ... wie sagt man? ... Es steht noch.« Sie faltete die Hände in ihrem Schoß und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
Sie will die beiden wirklich aus dem Weg räumen!
»Dann sollten wir noch einmal alle Konditionen und Möglichkeiten durchgehen. Vor allem wie Sie sich das überhaupt vorstellen.« Matthias erwiderte das Lächeln Lorenas zufrieden. Wir gewinnen dadurch beide!