Da Café Diary 02 - Getwerc heute in die CreateSpace- Überprüfung ging, gibt's erst mal einen Auszug, um die Wartezeit zu verkürzen:
Tag 11
Dan gähnte, während er die Stufen zur Fakultät
hinauf stolperte, und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Ein milchiger
Film ließ seine Umgebung unscharf wirken und er fluchte verhalten.
»Ich glaub, ich sollte mir doch eine Brille zulegen. Verdammt!«
Ein Schlag, eine Hand auf seiner Schulter und er war definitiv wach, als er beinahe über seine eigenen Füße flog.
»Na, altes Haus, noch nicht ganz munter?«
»Boah, Nick! Nerv mich nicht!« Dan schüttelte die Hand seine Freundes ab.
»Oha, was ist denn mit dir los?«
»Ach nichts. Ich merk nur grad, dass ich nicht ganz klar seh und mir wohl ‘ne Brille zulegen muss«, grummelte Dan.
»Und das kann nicht daran liegen, dass du dir irgendeine Pampe ins
Gesicht geschmiert hast und die in deine Augen gerieben hast?«, in Nicks
Stimme schwang ein Lachen mit.
Dan schlug sich mit der flachen Hand
gegen den Kopf. Ich hab diese dumme Tagescreme total vergessen! Er rieb
sich verlegen über die Augen, um den Cremeschleier zu entfernen.
»Na, besser? Jetzt, wo die Creme weg ist?«
»Alter, Nick, wo hab ich das Zeug denn noch?«
»Am Kinn. Am Ohr. Am rechten Nasenflügel.« Nick tippte die Stellen seines Gesichts an. Dan zuckte zurück.
»Hey, Dan. Ihr zwei seht süß zusammen aus.«, drang eine Stimme an Dans Ohr.
Wunderbar. Der hat mir gerade noch gefehlt.
»Ben. Hi. Jen ist nicht da. Und Leo auch nicht«, er wandte sich ab.
»Ah, du magst mich also wirklich nicht. Sehr interessant. Wer bist du eigentlich?« Ben sah Nick an.
»Nick. Hi. Und du bist dieser ominöse Ben, der hier alle so in Aufruhr
versetzt?« Nick musterte Ben neugierig. »Hey, Dan, so schlimm sieht der
doch gar nicht aus.«
Dan legte die Hand über seine Augen und unterdrückte ein genervtes Stöhnen.
»Nick, du Vollfposten!«, murmelte er leise. Er musterte Ben nach wie vor misstrauisch.
»So, Jen ist also nicht hier, sagst du?« Ben sah sich um. »Trifft sich gut. Ich wollt nämlich mit dir reden, Dan.«
»Mit mir? Warum?« Dan warf Nick einen fragenden Blick zu. Nick zuckte mit den Achseln.
»Ich möchte, dass wir uns vertragen. Du bist ein Freund von Jen und
dadurch treffen wir öfters aufeinander. Da wär’s doch blöd, wenn wir uns
andauernd fetzen würden. Oder, was meinst du?« Ben streckte seine Hand
Dan entgegen und wartete. Dan musterte Ben, dann die ihm dargebotene
Hand und schlug nach kurzem Zögern ein.
Das heißt aber nicht, dass wir jetzt Freunde werden!
Jen unterdrückte mühsam ein Fauchen, als Nina ihr um den Hals fiel, kaum dass sie den Bus verlassen hatte.
»Morgen Jenny! Naaaa, freust du dich schon auf die Uni?« Ninas flötende, immerzu fröhliche Stimme strapazierte ihre Nerven.
»Morgen, Nina. Bitte … lass … mich … los!«, ächzte Jen. Sie packte
Ninas Arme und schob sie von sich. Befreit schüttelte sie sich und
atmete tief durch.
Okay, jetzt versteh ich Leos Zurückhaltung, was dieses Umarmen angeht.
Nina strahlte sie an.
»Bist du immer so gut gelaunt um diese Uhrzeit?«
»Ja! Das Leben ist so schön und so toll und so kurz, da kann ich nicht
anders! Ich muss einfach jede Minute genießen!« Nina drehte sich mit
ausgebreiteten Armen im Kreis.
Ahja. Passt schon!
Sie gingen schweigend nebeneinander her. Als sie die Stufen zur Fakultät erklommen, keuchte Nina plötzlich.
»Oh wow! Wer ist dieser Typ bei Dan und Nick? Der sieht ja mal hammermäßig gut aus!«
Jen blieb stehen, warf ihr einen vielsagenden Blick zu, bevor sie in
die Richtung sah, in die Nina deutete. Ein Lächeln stahl sich auf ihr
Gesicht.
»Das ist Ben. Er ist so was wie mein Freund. Quasi.«
»Wow!« Ninas Augen glänzten vor Bewunderung und in Jen erwachten Stolz und Eifersucht.
Mit zusammen gekniffenen Augen beobachtete sie, wie Nina auf die Gruppe zu tänzelte und ballte die Hände zu Fäusten.
»Ich schwöre, wenn sie ihn anfasst, schlag ich ihr ins Gesicht!«
Langsam folgte Jen Nina.
Nick stieß Dan mit dem Ellenbogen in die Seite.
»Schau mal, wer da kommt! Die süße Kleine und Jen.«
Ben drehte sich um, als Nick Jen erwähnte und Dan glaubte für einen
kurzen Moment Abscheu über dessen Gesicht huschen zu sehen. Dan verengte
die Augen und fragte sich, ob er sich das nur eingebildet hatte.
»Na, ihr Loser? Hi Ben.« Dan hob die Augenbrauen und wunderte sich über
Jen, die in einer Begrüßung zwei Tonlagen anschlagen konnte.
»Immer wieder schön, dich zu sehen, Jennifer.«
»Fick dich, Dan!« Jen zeigte ihm den Mittelfinger.
Nick fuhr sich lachend durch sein dichtes, schwarzes Haar und lächelte Nina an.
»Hallo, Schönheit. Darf ich dich auf einen Kaffee entführen?« Nina
kicherte und schlug die Augen nieder, als sie Nicks Lächeln sah. Dan
knirschte mit den Zähnen.
Ben drückte sich an ihm vorbei, schloss Jen in seine Arme und küsste sie sanft auf die Nasenspitze.
»Hey du. Du hast mir gefehlt.«
Jen lächelte strahlend.
»Du mir auch, Süße.« Bens Lächeln erreichte seine Augen nicht, fand
Dan, der ihn eindringlich beobachtete. Als sich Jen an Ben schmiegte,
imitierte Dan Würggeräusche.
»Oh ja, sehr erwachsen!« Jen löste sich
etwas von Ben und funkelte Dan wütend an. »Komm, lass uns wo anders
hingehen! Hier ist mir das zu kindisch!«
Ben blieb stehen und zwang Jen, die gerade im Begriff war zu gehen, sich zu ihm umzudrehen.
»Und was ist mit deiner Uni? Deinem Unterricht? Oder was, wenn deine Freundin Leo auf dich wartet?«
Dan zischte. Aha, daher weht der Wind. Der ist doch hinter Leo her.
»Ach, Leo kommt auch mal ohne mich aus. Also, machst du jetzt weiter
auf Spielverderber oder unternehmen wir etwas Lustiges?« Jen
verschränkte die Arme und wirkte trotzig.
Doch Ben drückte ihr nur einen weiteren Kuss auf die Nasenspitze und ging winkend davon.
»Ärger im Paradies?«
»Halt's Maul, Dan!«
Jen stapfte grummelnd an ihm vorbei und betrat das Fakultätsgebäude. Mit einem Seufzen folgte ihr Dan.
***
Dan erblickte Charly, kaum dass sie den Hörsaal betreten hatten. Mit
einem kurzen Winken signalisierte sie ihnen, dass sie Plätze
freigehalten hatte.
»Schau mal, da kommt Nick mit deiner Angebeteten
Nina.« Jen lächelte gehässig. »Scheint, als würde sie sich nicht mit
langweiligen Streberboys abgeben.«
Dan drehte den Kopf und verzog
das Gesicht. Nina und Nick zusammen, das war kein Anblick, der ihm
gefiel. Missmutig stiefelte er hinüber zu Charly und setzte sich. Dabei
konnte er seine Augen nicht von Nick und Nina abwenden und grollte.
Neben ihm lächelte Jen schadenfroh, bevor auch sie sich auf einen Platz niederließ.
»Nun, Dan, scheint, als wäre dir Amor nicht gerade wohlgesonnen?«, sagte sie spöttsich.
»Ach, halt’s Maul, Jen!«
Charly, die zwischen ihnen saß, hob den Kopf und sah fragend von einem zum anderen.
»Hat euch heut Morgen jemand auf den Pfannkuchen gespuckt, oder was ist bei euch los?«
»Nichts. Jen meint heut nur besonders lustig sein zu müssen«, murmelte Dan.
»Dan macht hier wieder auf besorgt und weint ein bisschen rum, weil er
keine Chancen bei Nina hat«, antwortete Jen im selben Moment. Charly zog
einen Mundwinkel hoch, lächelte halbherzig und wandte sich Dan zu.
»Dich fuchst das mit Nina wirklich, nicht wahr? Dich hat’s voll erwischt?«
»Natürlich hat es ihn erwischt. Kein Wunder. Als Theologe muss er nehmen, was daher kommt«, mischte sich Jen ein.
»Halt dich bitte da raus, Jen. Du bist im Moment nicht hilfreich.« Charly warf ihr einen missbilligenden Blick zu.
»Jen ist sauer, weil ich ihren Loverboy nicht mag. Sie glaubt, ich
bilde mir nur ein, dass der Kerl einen an der Klatsche hat!«, brauste
Dan auf.
»Ja, komm! Die ganze Zeit faselst du was, von wegen der
Kerl ist dir nicht geheuer und blablabla. Und die ganze Zeit laberst du,
dass Leo ja auch Angst vor ihm hat und das mir das ja als Zeichen
reichen müsste und so weiter.« Jen schnaubte verächtlich.
»Naja, du
musst zugeben, Leo kennt mehr Leute und hat dadurch auch eine bessere
Menschenkenntnis. Abgesehen davon hat sie als Fotografin gelernt,
Menschen ziemlich gut zu durchschauen, weil sie ja mit den
unterschiedlichsten Leuten zu tun hatte. Aber das sind alles Vermutungen
und ich kann mich natürlich auch irren. Es ist genauso gut möglich,
dass Leo und Ben eine bewegte, tiefschürfende Vergangenheit haben, die
beide immer noch beschäftigt, Leo auf jeden Fall, und sie sich deshalb
so benehmen.« Charly wirkte seelenruhig bei ihren Worten und tippte
scheinbar unbeeindruckt auf ihrer Tastatur herum. Dan starrte sie einen
kurzen Augenblick verwundert an. So kannte er Charly nicht.
»Ich
weiß gar nicht, warum ich mit euch über mein Liebesleben rede! Ich kenn
euch noch nicht lang und eigentlich … ach, vergesst es!« Jen drehte den
Kopf weg und schien zu schmollen.
»Ich will dir ihn ja auch gar
nicht ausreden! Ich mein doch nur, dass du vorsichtig sein solltest …«
Dan öffnete den Mund, um sich zu rechtfertigen, als ihn Nina unterbrach.
»Oh mein Gott! Wie süß sind denn die Kerle hier in Tübingen! Also,
in Stockach sind die definitiv nicht mal ansatzweise so heiß wie hier!
Wow! Jen! Ehrlich, Ben ist echt ein Sahneschnittchen! Und du, Dan, bist
auch richtig süß! Und Nick … wow … Nick …«
Charly, Dan, Jen und Nick
starrten sie mit offenem Mund an. Dan räusperte sich und war bemüht
sich nichts von seiner Eifersucht anmerken zu lassen.
»Also unser
kleiner Pater hier möchte uns ja mit aller Macht vor dem bösen, bösen
Ben warnen. Nina, an deiner Stelle würde ich die Beine in die Hand nehme
und laufen, bevor du auch noch so eine Moralpredigt erhältst.« Jen warf
Dan einen süffisanten Blick zu und lächelte gehässig.
Dan
unterdrückte den Impuls ihr eine reinzuhauen. Er erinnerte sich daran,
dass sein Vater ihm stets eingebläut hatte, dass man Frauen nicht
schlagen würde. Bei Jen würde er allerdings momentan eine Ausnahme
machen.
»Ich mein es doch nur gut mit euch! Der Kerl ist nicht koscher! Dem würd ich nicht mal meinen Teddy anvertrauen!«
»Gott, wie süß! Du hast noch einen Teddy?« Jen brach in lautes Lachen
aus. Sie schien vergessen zu haben, dass sie sich im Hörsaal befand.
Augenblicklich wandten sich alle nach ihr um, was sie verstummen ließ.
Charly unterdrückte ein Seufzen. Wie im Kindergarten!
Sie hatte beschlossen, Ben zu googlen. Es gab sicher einen Grund, warum
sowohl Leo wie Dan auf diesen Typen so allergisch reagierten. Auch wenn
sie die Leute noch nicht lang kannte, waren sie ihr innerhalb kürzester
Zeit ans Herz gewachsen und es fuchste sie, dass es da anscheinend
jemand gab, der eine Bedrohung darstellte.
Mit halbem Ohr hörte sie
zu, wie sich Dan und Jen kabbelten. Sie verstand einerseits Jennifers
Sicht und deren Unmut, aber sie konnte auf der anderen Seite auch
Daniels Beschützerinstinkt nachvollziehen.
Er macht sich nun mal wirklich Sorgen um uns. Wie jeder normale, nette Kerl.
Charly wunderte es allerdings nicht, dass diese Fürsorge nicht so
ankam, wie sie sollte. Dan besaß, ihrer Meinung nach, einfach nicht
genug Feingefühl, weswegen er übertrieben besorgt wirkte. Verstohlen sah
sie sich nach Leo um. Mhm, kommt sie heute nicht? Sie erinnerte sich,
dass Leo gestern irgendwie panisch gewirkt hatte, als sie Ben erblickte.
Vielleicht hatte sie daher beschlossen, heute der Universität fern zu
bleiben, um Ben nicht zu begegnen. Möglich war ja alles. Frustriert
bemerkte sie, dass ihre Suche ins Leere führte. Mir fehlen einfach die
nötigen Informationen. Ich kann ihn nicht suchen, wenn ich nur seinen
Vornamen kenne. Verdammt! Charly zwirbelte eine feuerrote Haarsträhne
und nagte an ihrer Unterlippe. Sie würde in Zukunft genauer zuhören,
wenn Jen und Dan sich wegen Ben stritten. Vielleicht käme sie diesem
Typen so auf die Spur. Aufgeben kam für sie auf keinen Fall infrage.
***
Ben fläzte sich auf einen Korbsessel, hielt das Wasserglas lässig in
seiner Hand und betrachtete seine Umgebung. Das kleine Café war gut
besucht, aber nicht zu gut, als das er sie nicht gesehen hätte. Mit
einem Nicken gab er ihr zu verstehen, dass er sie erkannt hatte. Eine
junge Frau mit einer großen, dunklen Sonnenbrille kam auf ihn zu. Der
leichte Schweißfilm auf ihrer Stirn verriet ihm, dass ihr unter der
Wollmütze, mit der sie ihr Haar versteckte, warm sein musste.
»Du
hast dir ziemlich viel Mühe gegeben, unerkannt zu bleiben« Seine Stimme
klirrte wie das Eis in seinem Glas. Sein Gegenüber lächelte
schmallippig.
»Du hast mir deutlich zu verstehen gegeben, wie
wichtig es wäre, dass mich niemand genau sehen könnte. Damit ich als die
große Unbekannte an deine kleinen Freunde heran treten könnte. Bist du
dir wirklich sicher, dass Leonora nichts verraten hat? Du weißt, sie
mochte mich nie und dich am Ende auch nicht mehr, Bruderherz.«
»Ach,
Julia, ich würde mir keine Gedanken wegen Leonora machen. Sie ist keine
Gefahr. Sie hat sich ziemlich verändert und scheint große Angst vor mir
zu haben. Dein Ziel ist ausschließlich Nico. Ich möchte ihn aus dem Weg
haben. Er ist der einzige, den ich nicht beeinflussen kann. Die Weiber —
mit denen komme ich klar. Der zweite Kerl von Leos neuen Freunden ist
ebenfalls kein Problem. Er traut mir nicht, hat aber auch nicht die Eier
sich mir in den Weg zu stellen. Du siehst, es liegt in deiner Hand, ob
ich meine Rache bekomme oder nicht.« Er warf der jungen Frau einen
strengen Blick zu. »Begeh aber um Himmels willen nicht wieder denselben
Fehler wie in Hamburg und verlieb dich in deine Zielperson! Ich will
nicht, dass deine Hormone mir erneut einen Plan durchkreuzen.«
»Hast
du eigentlich jemals daran gedacht, dich mit ihr auszusprechen oder sie
auf normale Weise für dich zu gewinnen?« Julia sah ihren Bruder
spöttisch an.
Ben verdrehte die Augen und schwieg. Als die
Kellnerin kam, bestellte Julia mit zufriedenem Gesichtsausdruck eine
Cola und wartete darauf, dass ihr Bruder sie weiter in seinen Plan
einweihte.
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